Jamaika Wolkig bis stürmisch

Die Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition gehen weiter. Nach dem Säbelrasseln in der vergangenen Woche stehen seit gestern die konkreten Themen Kommunen und Wohnen, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Wirtschaft und Verkehr an – mit noch immer offenem Ausgang.

Donnerstag, 02. November 2017 - Handel
Lebensmittel Praxis
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Bildquelle: Andrea Kurtz

„In dieser Woche wird sich entscheiden, ob eine Jamaika-Koalition zustande kommen kann oder nicht“, betonte zum Beispiel der Grüne Oliver Krischer, der der Sondierungsrunde angehört. Zum Stand der Gespräche sagte auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt: „Wir werden nicht um jeden Preis in eine Koalition gehen. Da ist noch nichts entschieden.“

Am heutigen Donnerstag rufen die Unterhändler nochmals die in der vergangenen Woche wegen des Krachs vertagten Themen Klima und Zuwanderung auf. Anschließend wollen Union, FDP und Grüne am Freitag die erste Sondierungsrunde abschließen und eine Zwischenbilanz ziehen. Am kommenden Montag beginnt dann die zweite Runde der Sondierungen, die konkretere Ergebnisse bringen soll.

Derzeit schalten sich auch immer mehr Verbände und Organisationen in die Debatte ein. Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte von der künftigen Regierung ein Herauslösen der Zuständigkeiten für Verbraucherschutz aus dem Agrarministerium. „Die Interessenkonflikte in einem Ministerium, das gleichzeitig sowohl für die Lebensmittel- und Landwirtschaft als auch für Verbraucherschutz zuständig ist, sind unüberwindbar“, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker der dpa. Der gesundheitliche Verbraucherschutz müsse von Lobby-Zugriffen befreit werden. „Er gehört in ein unabhängiges Ressort - am besten in ein eigenständiges Ministerium.“ Plus: In der Bild-Zeitung verlangte Rücker von der künftigen Regierung, Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer zu befreien. Der Deutsche Bauernverband dagegen mahnt einen „pragmatischen und vor allem wissensbasierten“ Umgang mit Fragen von Umwelt-, Tier- und Klimaschutz sowie der Energiepolitik an. Eine neue Koalition solle zudem „die vielbeschworene Stärkung des ländlichen Raums endlich umsetzen“ - auch mit gebündelter Kompetenz in einem starken und eigenständigen Ministerium für ländliche Räume, Landwirtschaft und Ernährung.

Auch der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) als Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft fordert die Sondierer zu einer Stärkung des ländlichen Raums und einer Betrachtung der Wertschöpfungskette als Gesamtheit auf: "Ernährungspolitik ist die Wirtschaftspolitik des ländlichen Raums", erklärt BLL-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff. Zudem müsse die Wertschöpfungskette für Lebensmittel und Ernährung immer als Einheit gesehen werden und dazu gehören auch Fragen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Minhoff fordert zudem insbesondere die FDP dazu auf, die Position der Lebensmittelwirtschaft als drittgrößter Wirtschaftszweig Deutschlands zu stärken: "5,3 Mio. Beschäftigte, das sind 12 Prozent aller Erwerbstätigen, und über 700.000 Betriebe, vorwiegend klein und mittelständisch - unsere Stimmen sind entscheidend. Die Lebensmittelbranche ist einer der treibenden Wirtschaftsmotoren Deutschlands, deshalb fordern wir eine angemessene Berücksichtigung unserer Interessen."