Verpackung Die Botschaft der Verpackung

Authentizität ist fast schon ein abgenutzter Begriff, aber dennoch einer der wichtigsten Markeneigenschaften. Der Hamburger Markenpsychologe Jens Till Bösenberg erklärt, welche Rolle die Verpackung dabei spielt.

Montag, 14. September 2020 - Verpackung
Silke Wartenberg
Artikelbild Die Botschaft der Verpackung
Bildquelle: Romolo Tavani

Ohne ein glaubwürdiges Marken- und Produktversprechen gibt es für den Konsumenten keinen Grund, ein Produkt zu kaufen. Das gilt für die Qualität und für die Herstellung wie auch für das Design der Verpackung.

Was macht für Sie ein Produkt oder eine Produktverpackung authentisch?
Jens Till Bösenberg: Grundsätzlich ist es immer das Ziel, die Bedürfnisse der Zielgruppe zu erfüllen. Das gelingt nur, wenn die Qualität des Produkts mit dem Produktversprechen auf der Verpackung übereinstimmt. Eine Marke sollte daher immer anstreben, dass das Produkt den Konsumenten in seiner Lebenswelt abholt.

Und wie gelingt das?
Das kann Design leisten, wenn die richtigen visuellen Codes - wie Bildwelt, Tonalität, Typografien - verwendet werden. Aber wenn die Produktqualität nicht stimmt, wird das Produkt nicht wieder gekauft werden. So wird zum Beispiel eine Allgäuer Marke glaubhafter Milch aus der Allgäuer Region vertreiben können, als eine norddeutsche Marke. Eben, weil es eine authentische Markenstory gibt, die dann auch kommuniziert werden kann. Das Hauptaugenmerk sollte also immer auf einer kongruenten Markenführung nah am Markenkern und einem stimmigen Gesamtbild einer Marke liegen. Wer nur Dinge vorgaukelt, die das Produkt am Ende nicht halten kann, wird von der Zielgruppe schnell entlarvt werden – und, wegen fehlender Authentizität, scheitern.

Wie kann man herausfinden, was die Kunden als authentisch empfinden?
Am schmerzhaftesten ist es, wenn man im Markt selbst herausfindet, was die Konsumenten nicht als authentisch empfinden. Dann wird das Produkt nämlich nicht gekauft. Daher sollte im Vorfeld genau und umfassend analysiert werden, welche Anforderungen die Zielgruppen an ein Produkt in der jeweiligen Kategorie stellen.

Was heißt das konkret?
Abgesehen von dem Produkt selbst gilt es, die unterschiedlichen Einflussfaktoren auf die Designentwicklung - Markenhistorie, Marken-Status Quo, Positionierung, Wettbewerb, Zielgruppenstruktur, Trends - zu kennen und zu beleuchten. Wir nennen das „Systemisches Framing“. Nur, wenn man alle Faktoren ganzheitlich berücksichtigt und den Kern der eigenen Positionierung nach außen glaubwürdig transportiert, kann am Ende authentisch auf der Verpackung kommuniziert werden. Hier sollte man im Vorfeld sehr sorgfältig sein.

Liegen denn Marken noch im Trend?
Ein klares ja. Gerade in Zeiten der Unsicherheit - Stichwort Covid-19 - sind starke Marken mit einem hohen Wiedererkennungswert mehr denn je gefragt. Denn Marken, die man zum Beispiel bereits aus der Kindheit kennt, geben Orientierung. Orientierung bietet im Alltag Sicherheit. Das gilt übrigens auch für Handelsmarken, die in der Wahrnehmung oft zu Unrecht eine untergeordnete Rolle spielen. Dabei sind die Funktionsmechanismen von Handelsmarken und Hersteller-Marken sehr ähnlich. Es kommt immer darauf an, das Vertrauen der Konsumenten zu bekommen. Hersteller-Marken haben dabei den Vorteil einer in sich schlüssigen Marken-/Produkt-Story, Handelsmarken sind dafür häufig flexibler und können sich schneller auf die Sehgewohnheiten und Produktwünsche der Zielgruppen einstellen beziehungsweise auf die Veränderungen des Marktes reagieren.

Welche Fehler machen Hersteller Ihrer Meinung nach häufig in der Ansprache der jungen Generation Y?
Marken machen immer dann einen Fehler, wenn sie nicht empfängerorientiert genug denken. Ein etwas abgegriffener Spruch lautet: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“. Die Zielgruppe ist also der entscheidende Gradmesser, wenn es um Produkte, Design und Markenkommunikation geht. Sie wird in Zukunft noch mehr im Mittelpunkt stehen. Die jüngeren Generationen sind nicht in dem Maße loyal zu Marken, wie es noch die Generation X, also die heute 50-Jährigen, sind.

Was meinen Sie damit?
Wenn jemand ein besseres Produkt attraktiver anbietet - zum Beispiel über Multiplikatoren wie Influencer - ist die bisherige Marke schnell in der Gunst verschwunden. Andererseits fordern gerade die jüngeren Generationen viel verstärkter Themen wie Nachhaltigkeit von den Herstellern ein. Dies wird auch eines der bestimmenden Aspekte in der Zukunft sein.

Was muss eine Marke mitbringen, um auch in 20 Jahren noch Bestand zu haben?
Sie sollte wie Menschen selbstbewusst und entwicklungsfähig bleiben. Die Psychologie lehrt, dass eine falsche Ansprache beim Empfänger nicht die gewünschten Reaktionen hervorruft. Ich vergleiche das gern mit einer Ehe: Wenn man nicht aufpasst, hat man eine Ehe durch eingefahrene Strukturen und egozentrische Verhaltensweisen schnell ruiniert. Gleiches gilt für das Verhältnis von Marken und Konsumenten. Die Marke muss ihre Stärken und Kompetenzen so kommunizieren, dass der Verbraucher dies abnimmt. Wenn eine Marke eben diese Stärken in sich verändernden Gesellschaftsstrukturen, Seh- und Konsumgewohnheiten beständig macht, ihre Zielgruppe mitnimmt und das Produktangebot stimmt, wird sie immer auch Trends und Phasen überdauern.

Welchen Ratschlag würden Sie als Psychologe den Herstellern und Produzenten gerne geben?
Produzieren Sie authentische und nachhaltige Produkte! Die Konsumenten sind kritischer geworden. Pseudolösungen empfinden sie als unglaubwürdig. Ich würde Ihnen aber auch raten, selbstbewusst und mutig zu sein. Machen Sie sich Gedanken darüber, wofür Ihre Marke eigentlich steht. Die Bedürfnisse der jungen Generationen weisen schon jetzt darauf hin, dass sich viel für die Marken der Zukunft ändern könnte. Seien Sie darauf vorbereitet. Seien sie radikal und hinterfragen Sie sich selbst. So werden Sie erfolgreich in eine ungewisse Zukunft gehen können.

 

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