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Steigende Rohwarenpreise drücken auf die ohnehin knappen Margen bei den Erfrischungsgetränken . Einige Unternehmen reagieren mit Preiserhöhungen.

Donnerstag, 08. September 2011 - Getränke
Tobias Dünnebacke
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Bildquelle: Mugrauer, fotolia

Spricht man momentan mit Herstellern aus der AfG-Branche, scheint es nur ein Thema zu geben: die volatile Entwicklung der Rohstoff-Märkte. Dies ist nicht unbedingt neu oder ungewöhnlich, allerdings verändert sich die Wortwahl. Von „enormen, bisher so noch nicht da gewesenen Preissteigerungen“, spricht beispielsweise Heribert Gathof, Deutschland-Geschäftsführer von Eckes-Granini. Dem führenden Orangensafthersteller bereiten vor allem die steigenden Konzentratpreise Bauchschmerzen. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig, beispielsweise das Erstarken der Währung in Brasilien, mit 65 Prozent Anteil der weltweit größte Produzent für Orangensaftkonzentrat, und die in den vergangenen Jahren enttäuschenden Ernten. Aber auch die durch den Hurrikan 2005/06 bedingte Zerstörung von Anbauflächen in Florida haben zu einer gestiegenen Nachfrage und einem höheren Preis für Orangensaftkonzentrat geführt. Und für steigende Preise in Deutschland im Jahr 2011. Auch das bedeutet Globalisierung.

„Fruchtsaftkonzentrate und Zucker sind am Weltmarkt exorbitant im Preis gestiegen, wer hier nicht langfristige Lieferkontrakte hat, kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen“, fasst Dr. Detlef Groß, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung alkoholfreie Getränke (wafg), das Dilemma zusammen. „Eigentlich wäre die Weitergabe an die Endverbraucher konsequent – dies ist aber bisher, nicht zuletzt durch den Preiswettbewerb im Handel, nur begrenzt der Fall. Langfristig kann dies nicht funktionieren und gefährdet die Ertrags- und Innovationskraft der Branche“, fürchtet Groß. Und auch Dr. Manfred Ziegler, Geschäftsführer von Rhönsprudel sagt: „Als Hersteller qualitativ hochwertiger Getränke mit einem zumeist hohen Fruchtsaftanteil trifft uns neben der Erhöhung der PET-Preise besonders natürlich auch die zum Teil exorbitanten Preissteigerungen bei den Saftkonzentraten und beim Zucker. Dies wird natürlich noch eklatanter, wenn die gestiegenen Kosten nicht im gleichen Maße an die Verbraucher weitergegeben werden können.“ Und Jürgen Abraham, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, sieht die Industrie gar in einer Art „Sandwichposition“ zwischen Agrarwirtschaft auf der einen und Lebensmittelhandel auf der anderen Seite.

Bisher spiegeln sich solche Befürchtungen aber (noch) nicht in den Zahlen zum AfG-Markt wider, im Gegenteil, bescherten doch gerade gestiegene Preise ein Umsatzplus von satten 6,6 Prozent (erstes Halbjahr 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, siehe Grafik S. 38). „Wir sehen Wachstum bei allen Kategorien, wobei sich fruchthaltige Getränke durch Preiserhöhungen infolge gestiegener Rohstoffpreise positiv entwickeln“, sagt eine Expertin bei Nielsen. Auch das statistische Bundesamt ermittelte im Juli einen Preisanstieg bei alkoholfreien Getränken von 7,2 Prozent (im Vergleich zum Vorjahresmonat). So gab es etwa bei Eckes-Granini eine Anpassung nach oben.

Andere Hersteller reagieren beim Thema Preiserhöhungen aber noch zurückhaltend. „Wir werden sehen, wie wir damit umgehen“, sagt beispielsweise Marco Knauf, Vorsitzender der Geschäftsführung der True Fruits GmbH, in Hinblick auf den Rohwarenpreis. Erst 2010 hatte sich der EVP von True Fruits erhöht.

Von der Thematik betroffen sind nicht nur Safthersteller, sondern auch Mineralbrunnen, die neben Wasser auch Erfrischungsgetränke herstellen. Beispielsweise die Gehring-Bunte Getränke-Industrie GmbH mit der Marke Christinen. Rund 30 Prozent des Absatzes machen Erfrischungsgetränke mit Fruchtsaftgehalt aus. Damit liegt der Mineralbrunnen nach eigenen Angaben über dem Branchen-Schnitt. Geschäftsführer Herbert Dörfler spricht von einem „extremen Kostendruck“, beispielsweise bei der Mehrfrucht-Marke Christinen Aquafrucht: „Der Fruchtanteil liegt hier bei 20 Prozent. Das ist im Vergleich zu den Schorlen und Nektaren noch verhältnismäßig niedrig. Trotzdem sind auch hier Grundstoffpreiserhöhungen ärgerlich.“ Auch steigende Kosten bei der Logistik, den PET-Gebinden, Energie und Arbeit (im Zuge einer Tariflohnanpassung) beschäftigen das Unternehmen. Dörfler ist beim Thema Preisschraube zwar vorsichtig, dennoch war eine Anpassung bei Süßgetränken aufgrund Konzentratpreiserhöhungen unumgänglich, wenngleich auch die neu eingeführten Artikel Aquafrucht außen vor waren, was aufgrund der jetzigen Preissteigerungen bei Kristallzucker bzw. Fructose do ppelt schwierig für das Unternehmen ist. Immerhin gibt es aber im Bezug auf die Apfelernte Positives zu berichten: „Die – so sieht es derzeit aus – wird dieses Jahr recht gut werden, so dass wir im Einkauf gelassener in die Preisverhandlungen gehen können.“

Frustriert sind die AfG-Hersteller über den enttäuschenden Sommer. „Eine einzige Katastrophe für die Branche“, sagt beispielsweise Dr. Manfred Ziegler, Geschäftsführer von Rhönsprudel. Und auch Dörfler beklagt die Entwicklung: „Bis Ende Juni war die Branchenwelt noch in Ordnung. Wir lagen mit der Marke Christinen bis Juni 2011 im Plan und konnten sehr gute Zuwachsraten sowohl im Absatz als auch im Umsatz realisieren. Der Monat Juli hingegen hat diesen positiven Trend leider völlig zunichte gemacht.“ In der Branche habe man im Schnitt ein Minus von rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen gehabt. „In Summe wird am Ende des Sommers dennoch ein ausgeglichenes, im optimalen Fall sogar leicht positives Absatzergebnis gegenüber Vorjahr stehen, was aber eher den Erfolgen der eingeleiteten Restrukturierungs – und Vermarktungsaktionen zuzuschreiben ist“, sagt Dörfler. „Wir haben nicht, wie einige andere Brunnen, preisaggressive A ktionen forciert!“

Innovationskraft muss bleiben
Trotz des launischen Wetters und der steigenden Rohwarenpreise bleibt die Industrie hungrig nach Innovationen. „Ein entscheidender Faktor für die kontinuierlich gute Entwicklung des Unternehmens ist – neben dem Wachstum aus dem Stammgeschäft im Saft- und Erfrischungssegment – unsere Innovationsführerschaft“, sagt Gathof von Eckes-Granini. Man sehe sich durch die zahlreichen erfolgreichen Neueinführungen als aktiven Impulsgeber. „Wir werden auf jeden Fall auch zu den Jahresgesprächen 2011/2012 mit neuen Produktkonzepten an den Markt gehen“, sagt auch Dörfler.

Rolf Glöcker, Geschäftsführer der Mineralbrunnen Überkingen GmbH , definiert für sich Innovationen als „im Markt durchgesetzte, verbraucherrelevante neue Ideen“. Demnach sei der 27.000ste Zusatzstoff keine Innovation. „Im Grunde ist das Tolle am reinen Mineralwasser, dass es in seiner Ursprünglichkeit zeitlos perfekt ist“, sagt Glöcker, der mit seiner Mannschaft ab September „Das Neue Überkinger“, ein natriumarmes Mineralwasser, in den Markt bringen will.

Mit einem gesundheitlichen Zusatznutzen will sich die Limuh GmbH positionieren. Das gleichnamige Kindergetränk mit fermentierter Sauermolke hat nach Aussage von Geschäftsführer Christian Berentzen eine positive Wirkung auf die Magen-Darm-Gesundheit. Als kleiner Player im Markt der Kindergetränke sieht man sich nicht im Nachteil. „Es war schon fast immer so, dass Innovationen von kleinen Unternehmen kommen.“ Um sich bei der Einführung von Limuh gegen die Marketingbudgets der großen Konzerne durchzusetzen, will Berentzen über neue Medien z. B. via Internet mit dem Verbraucher kommunizieren. „Über relevante Produkte mit einer Story dahinter lässt sich Mundpropaganda anstoßen. So sind ja auch viele der heute etablierten Marken groß geworden.“ Das Distributions-Ziel ist ehrgeizig: „Wir wollen in den nächsten 12 Monaten mindestens 5.000 qualitativ hochwertige Verkaufspunkte hinzugewinnen“, sagt Berentzen.

Bio-Drinks laufen wieder


Nach einer Flaute für die biologischen Erfrischungsgetränke zieht dieses Segment im Lebensmittel-Einzelhandel wieder deutlich an. Wie eine Expertin des Marktforschungsinstituts Nielsen gegenüber der LEBENSMITTEL PRAXIS bestätigt, konnte im ersten Halbjahr 2011 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Umsatzwachstum von 19,3 Prozent erwirtschaftet werden. Dieses Wachstum wird in erster Linie im Discount erzielt, wo die Rate sogar bei 28,2 Prozent liegt.

Aber nicht nur die Handelsmarken profitieren vom Durst der Verbraucher nach Getränken mit dem Bio-Siegel. „Wir spüren sogar ein Wachstum, das über die 20 Prozent hinaus geht“, sagt beispielsweise Stefan Gehrke, Marketingleiter der bios GmbH , und verantwortlich für die gleichnamige Marke. Woher diese auffällige Entwicklung kommt, kann Gehrke nicht genau sagen: „Richtig erklären kann ich das nicht, schon das erste Quartal war sehr stark. Im Frühjahr hat uns sicher das Wetter geholfen, neben einer wachsenden Marken-Akzeptanz.“

Bios, bisher hauptsächlich im norddeutschen Außer-Haus-Markt vertrieben, soll nun auch über den Einzelhandel flächendeckend in Deutschland erhältlich gemacht werden: „Wir führen gerade Gespräche mit einem Partner, der uns bei der Distribution unterstützt.“ Auch die Bio-Mosterei Voelkel Naturkostsäfte verzeichnete seit Beginn des Jahres 2011 ein Plus im Markt der Alkoholfreien Getränke, wie Julia Granobs, verantwortlich für das Marketing, bestätigt. Auch  Rhönsprudel-Geschäftsführer Dr. Manfred Ziegler beobachtet eine steigende Akzeptanz der Bio-Rhönis sowie der Direktsaftschorle Biosfere.

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Bild öffnen Alkoholfreie Getränke: Steigende Rohwarenpreise drücken die Margen. (Bildquelle: Mugrauer)
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Bild öffnen Im Plus: Die EU-Apfelernte ist dieses Jahr höher als im schwachen Vorjahr. (Bildquelle: fotolia)
Bild öffnen Gestiegen: Rohstoffkosten bei AfG drücken die Marge (Bildquelle: fotolia)
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