Retail Insights Interview mit Niels Lorenz: „Wir brauchen Lösungen“ - Interview mit Niels Lorenz: Teil 2

Niels Lorenz, Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger-Gruppe, stellt sein Unternehmen auf die Zukunft ein. Mit der Lebensmittel Praxis sprach der Manager darüber, wie man mit Künstlicher Intelligenz mehr Bier verkaufen kann, welche Ambitionen die Radeberger-Gruppe mit dem Lieferdienst Durstexpress hat und warum der Klassiker Clausthaler eine zweite Chance verdient.

Montag, 05. November 2018 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Interview mit Niels Lorenz: „Wir brauchen Lösungen“ - Interview mit Niels Lorenz: Teil 2
Bildquelle: Carsten Hoppen

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Der Algorithmus plant also die Tour. Aber kann man damit auch Geld verdienen, gerade wenn Sie keine Lieferkosten verlangen?
Wir sind derzeit noch in der Aufbauphase und nicht profitabel. Man muss aber hier anders denken. Unsere aktuell größte Herausforderung ist es, stationäre Geschäftsmodelle, wie die von Getränke Hoffmann oder Dursty, zu digitalisieren. Man darf die Wertschöpfung nicht mehr nur horizontal betrachten, dann gibt es viele Chancen.

Ihre Handelssparte Getränke Hoffmann hat den Sitz in der Nähe von Berlin. Aber davon abgesehen, ist die Hauptstadt für ein solches Angebot sicher ein schwieriges Umfeld, oder?
Berlin ist alleine schon logistisch mit seinen vielen Baustellen eine Herausforderung für eine Belieferung mit einem kleinen Zeitfenster. Davon abgesehen ist Berlin eine ziemlich „laute“ Stadt. Wenn der US-Präsident zu Besuch kommt, ist es zum Beispiel schwierig, bei den Leuten mit einem neuen Geschäftsmodell durchzudringen. Aber wir sind sehr optimistisch. Von Monat zu Monat haben wir tolle Zuwachsraten und sehr positive Bewertungen auf unabhängigen Portalen wie trustedshops.de. Wenn wir es schaffen, uns in Berlin zu etablieren, dann können wir es überall schaffen!

Bei allem technologischen Optimismus: Ein Problem wird die KI (noch) nicht lösen, nämlich, dass den Spediteuren die Fahrer ausgehen.
Wir durchleben hier in der Tat eine sehr anspruchsvolle Zeit. Gerade bei gutem Wetter und vielen Feiertagen steht nicht genügend Frachtraum zur Verfügung. Fahrermangel ist weit weniger harmlos als es zunächst klingt. Das Knirschen in der Supply-Chain ist deutlich zu hören.

Woher kommt denn die Krise der Logistik?
Durch die Abschaffung der Wehrpflicht werden weniger Männer zum Kraftwagenfahrer ausgebildet. Gleichzeitig kommen weniger Fahrer aus Osteuropa, weil diese Länder gerade einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben. Für uns Brauereien kommt die Besonderheit der Mehrweglogistik hinzu: Also vor allem das Leergutmanagement. Die Brauereien haben zu Spitzenzeiten Probleme, ihre leeren Flaschen zeitgerecht zurückgeführt zu bekommen. Aber auch der Handel steht aufgrund der Flut kleinerer Verpackungseinheiten und Einzelflaschen vor besonderen Herausforderungen.

Was tut der Marktführer, um den Mehrwegpool zu stabilisieren?
Auch wenn wir selbst Individualflaschen führen, wollen wir dafür Sorge tragen, in Deutschland eine Logistik zu haben, bei der auch in Zukunft die Flaschensortierung beherrschbar ist. Daher haben wir uns an dem größten Sortierer Deutschlands beteiligt: der H. Leiter GmbH. Wir wollen auch bei diesem Thema Akteur sein und nicht nur zuschauen, wie sich die Dinge entwickeln. Das Gleiche gilt für unseren Logistiker Getränke Essmann. Historisch hatten solche Unternehmen ja die Aufgabe, Vollgut in die Märkte zu bringen. Heute ist die größere Herausforderung, das Leergut aus den Outlets wieder herauszuholen, zu sortieren und den Brauereien und Mineralbrunnen auf die Höfe zu liefern. Ähnlich wie bei den Gastronomen wollen wir dem Händler die Arbeit abnehmen und eine ganzheitliche Lösung anbieten. Wer die Probleme bei Voll- und Leergut löst, ist auch in Zukunft erster Ansprechpartner. Das ist ein Erfolgsfaktor für die Zukunft. Ich bin froh, dass sich unser Wertschöpfungsmodell nicht „nur“ auf die Brauerei beschränkt, sondern dass wir an der gesamten Supply-Chain beteiligt sind und diese auch mitgestalten können. Darin liegt die Zukunft. Die Marke oder ein innovatives Neuprodukt alleine reichen nicht mehr.

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