Interview mit Peter Kopietz Auf der Überholspur - Interview mit Peter Kopietz: Teil 3

Während deutsche Brauer euphorisch sind, wenn sie keine Hektoliter verlieren, kann der niederländische Konkurrent Heineken hierzulande zweistellig wachsen. Woher der Erfolg kommt und warum Cider das nächste große Ding wird, erklärt Peter Kopietz, Chef von Heineken Deutschland.

Donnerstag, 09. August 2018 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Auf der Überholspur - Interview mit Peter Kopietz: Teil 3
Bildquelle: Sebastian Pfütze

Seit letztem Jahr gibt es Heineken auch in der alkoholfreien Variante. Der Markt hat in Deutschland eine lange Tradition und ist schon gut besetzt. Was sind die Ambitionen?
Das alkoholfreie Segment ist eines der wenigen, die noch wachsen. Es gibt heute einfach eine Vielzahl an Konsumanlässen, wo Alkohol hinderlich ist. Denken Sie an das Mittagsessen oder ein Businesslunch. Was heute anders ist: Der alkoholfreie Konsum dient keiner Entschuldigung mehr, weil man noch Auto fahren muss, sondern geht mehr in Richtung Genuss. Und so vermarkten wir es auch: Ich möchte das Heineken 0.0 trinken; weil es lecker schmeckt und mehr Vielfalt bringt. Unser Verfahren, bei dem Original Heineken gebraut und der Alkohol später entzogen wird, spielt darauf ab. Unsere Ambition ist es, eine ähnliche Bedeutung wie im alkoholischen Markt zu erlangen.

Das steckt hinter der Marke

Heineken ist mit einer Distribution in 192 Länder das internationalste Bier der Welt. Der Geschmack basiert unter anderem auf eigenen Hefestämmen: 1886 entdeckte der Wissenschaftler Hartog Elion die „A-Hefe“, eine Sorte, die bis heute nur von der niederländischen Brauerei verwendet wird. Heineken beschreibt den dadurch entstandenen Geschmack als „vollmundigen, ausgewogenen und mit einer subtilen, würzigen Note“. Ebenfalls ungewöhnlich: Die lange Vergärung von 28 Tagen in horizontalen Tanks. Laut Heineken-Chef- Braumeister Willem van Waesberghe wird die alkoholfreie Variante Heineken 0.0 (im Bild) doppelt gebraut und ebenfalls mit A-Hefe fermentiert.

Wie lief der Start?
Da wo wir distribuiert sind, sind wir sehr zufrieden. Das entspricht unseren Erwartungen. Aber der Vertrieb bleibt natürlich eine Herausforderung bei 55.000 Verkaufspunkten in Deutschland. Unser Vorteil: Bei einem überschaubaren Angebot von Heineken, Desperados und unseren Cider-Marken, kann sich unser 50-köpfige Außendienst bei Spitzen wie einer Produkteinführung voll und ganz darauf konzentrieren. Die Listungserfolge spiegeln im Übrigen die Markenentwicklungen wieder. Früher waren wir froh, überhaupt mal eine Listung bei Edeka oder Rewe bekommen zu haben. Heute ist unser komplettes Sortiment dort über die Zentralen verfügbar. Die Herausforderung für unseren Außendienst ist es, die Listung in physische Präsenz umzuwandeln.

Sie haben das Thema Cider angesprochen. Mit Apfelräuber kommt jetzt eine neue. Was macht Cider für Heineken so interessant?
Nochmal ist die Antwort: Wachstum. Eigentlich gibt es diesen Markt in Deutschland noch nicht, er wird gerade aufgebaut. Aber die Konsumenten sind neugierig auf Neues. Wir haben zwar bei Bier einen hohen Pro-Kopf-Verbrauch, aber durch Studien wissen wir, dass jeder Zweite hier zu Lande eben kein Bier mag. Für diese Zielgruppe wollen wir mit unseren Cider-Marken Strongbow, Bulmers und Apfelräuber ein Angebot schaffen.

Warum brauchte es noch eine dritte Marke mit deutschem Namen?
Wir wollen ein Portfolio mit unterschiedlichen Preisen, Gebinden und Geschmack anbieten. Strongbow ist der weltweite Marktführer. Bulmers kommt aus dem Pub-Bereich, und mit Apfelräuber bieten wir jetzt einen deutschen Ansatz. Dabei gibt es das Produkt auch in anderen Ländern. In meiner Heimat heißt es „Stibitzer“. Damit kann man aber hier nicht so viel anfangen. Wir wollten mit dem Namen hier ganz klar machen, worum es geht: Cider ist ein authentisches und erfrischendes alkoholisches Getränk, das durch die Fermentation von Äpfeln hergestellt wird. Es braucht diese klare Ansprache, weil viele Konsumenten in Deutschland noch nicht wirklich verstehen, was Cider ist.

Hat die katastrophale Apfel-Ernte den Markteintritt erschwert?
Unsere Lieferverträge sind glücklicherweise längerfristig angelegt, so dass dies keine Bedrohung dargestellt hat. So schlecht die Ernte in Deutschland auch war: In Europa gab es keine Engpässe. Für dieses Jahr hat sich die Situation auch entspannt.

Zum Abschluss ein unerfreuliches Thema: Den Spediteuren gehen die Fahrer aus. Zu Spitzen-Zeiten ist nicht genügend Frachtraum verfügbar. Ihre Analyse?
Ja, es ist schmerzhaft: Jetzt haben wir schon einen tollen Frühling und Sommer und dann können wir den Bedarf kaum decken, weil zu wenig Lkws auf der Strecke sind. Aber das sollte eigentlich keinen überraschen. Wenn es vor 40 Jahren für einen Arbeitnehmer aus Osteuropa noch attraktiv war, als Lkw-Fahrer in Deutschland einen sicheren Job zu haben, ist die Situation heute ganz anders. Länder wie Polen oder Ungarn haben ein starkes Wirtschaftswachstum und hohe Lohnsteigerungen. Es kommen also immer weniger Menschen in den Beruf als in Rente gehen. Warum sollte man auch hier bleiben, wenn es in der Heimat einen besseren und vor allem besser bezahlten Job gibt? Das Problem wird sich leider verschärfen.

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