Erdinger: Interview mit Josef Westermeier „Die Branche ist verrückt“ - Erdinger: Interview mit Josef Westermeier: Teil 3

Ungewöhnlich offen analysiert der Erdinger-Chef Josef Westermeier im Gespräch mit der Lebensmittel Praxis, was im Bier-Markt falsch läuft.

Donnerstag, 19. Juli 2018 - Regalplatz
Tobias Dünnebacke
Artikelbild „Die Branche ist verrückt“ - Erdinger: Interview mit Josef Westermeier: Teil 3
Bildquelle: Martin Hirmer

Mal ganz konkret: Wer ist verantwortlich?
Diejenigen, die mit Preisdumping den Markt für sich gewinnen und andere eliminieren wollen. Wir konkurrieren doch auch mit anderen Sorten wie Pils. Die Kiste Pils liegt bei 10 Euro, Weißbier kostet mehr als 16. Das dem Verbraucher zu vermitteln, wird schwierig, auch wenn Weißbier nach wie vor als eine Spezialität gilt. Die Weißbierbranche hat sich bei diesem Unterbietungskampf relativ wacker geschlagen. Über die meisten unserer Wettbewerber wie Maisel, Schneider oder Paulaner kann ich kein schlechtes Wort verlieren. Einer unserer Hauptwettbewerber, Franziskaner, fährt allerdings voll diese Dumping-Preis-Strategie mit einem Aktionsanteil von mehr als 70 Prozent. Da geht dann das Gefühl für den angemessenen Preis bei den Verbrauchern verloren. Aber dieses Problem wird sich von alleine erledigen. Das hält keine Marke auf Dauer durch.

Wie hoch ist der Aktionsanteil bei Erdinger?
Knapp 40 Prozent.

Ob Aktion oder nicht, ist nicht der Handel verantwortlich für den Preis?
Grundsätzlich ja. Wenn wir über Aktionen sprechen, relativiert sich das etwas. Ein Hersteller überlegt sich, wie viele Aktionswochen er im Jahr haben möchte. Die kauft er sich mit den dazugehörigen Schweinebauchanzeigen. Dabei kann er den Höchstpreis verhandeln, den der Handel in der Regel nicht überbietet. Bei einem hohen Aktionsanteil hat der Hersteller also durchaus maßgeblichen Einfluss auf das Preisgefüge seiner Produkte. Wir diskutieren nie den Ladenverkaufspreis.

Erdinger hat neben anderen Brauereien 2017 den Preis ab Rampe erhöht. Wird es weitere Erhöhungen geben?
Sicher! Je schneller desto besser (lacht)!

Wie bewerten Sie die Tendenz einiger Hersteller das Trademarketing von dem Produkt Bier abzukoppeln?
Wenn ich sehe, dass Krombacher 24 Millionen Euro verlost, dann ist das für mich völlig irre. Das zahlt nicht auf die Marke ein. Keiner kauft dann das Bier, weil er die Marke gut findet. Die Branche ist verrückt. Wenn Sie eine starke Marke anderer Branchen kaufen, wie zum Beispiel einen Adidas-Schuh, dann gibt es dazu auch nichts geschenkt. Wir würden niemals das Trademarketing von der Marke lösen, nur um mehr Absatz zu machen. Alle Aktionen müssen immer auf die Marke Erdinger einspielen, auf die Tradition, die Herkunft und das Lebensgefühl.

Die Situation auf dem Biermarkt führt auch zu immer stärkerer Konsolidierung und Erosion. Ihr Kommentar zum Verkauf von Hasseröder und Diebels?
Wenn die neuen Eigentümer das wieder hinbekommen, dann wäre das nobelpreisverdächtig (lacht). Ich glaube, das ist ein Fake. Es wurde nur einer gesucht, der das Ganze abwickeln soll. (Zum Redaktionsschluss wurde bekannt, dass der Deal mit dem Investment-Unternehmen CKCF vor dem Aus steht. Anm. d. Redaktion)

Kommen wir zurück zu Erdinger. Wie lief das Geschäft 2017, und was sind die Erwartungen an die Zukunft?
2017 haben wir unter dem schlechten Wetter etwas gelitten und uns absatzmäßig marginal negativ entwickelt. Wir haben genug Möglichkeiten, das schwierige Geschäft bei den Standard-Sorten mit Neuheiten wie den alkoholfreien Mischgetränken oder unserem Stiftung Hell zu kompensieren. Unser wichtigster Anspruch ist, auch in Zukunft genügend Geld zu erwirtschaften, um unseren Mitarbeitern für ihre Arbeit einen anständigen Lohn zu zahlen. Preislich wird es nur nach oben gehen. Jedenfalls so lange ich hier bin (lacht).

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