Fleisch, Wurst und Geflügel Eine eigene Sprache

Für Käse, Wein, Kaffee und andere Produkte gibt es ein sensorisches Fachvokabular. Nicht jedoch für Schweinefleisch. Das wollen dänische Fachleute ändern. Sie haben ein Projekt der besonderen Art auf den Weg gebracht.

Montag, 18. Januar 2021 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild Eine eigene Sprache
Bildquelle: Peter Prik Larsen

Immer mehr Fleischerfachverkäufer und Metzger machen eine zusätzliche Ausbildung zum Diplom-Fleischsommelier, um fundiertes Know-how rund um das Thema Fleisch zu erwerben und damit ihrer Kundschaft einen noch besseren Service bieten zu können. In Dänemark geht man noch einen Schritt weiter. Dort hat der Dänische Fachverband der Land- & Ernährungswirtschaft in Kopenhagen vor einiger Zeit ein Sensorikprojekt der besonderen Art gestartet. „Wir wollen ähnlich wie für Kaffee oder Wein eine einheitliche Sprache finden, die die typischen sensorischen Eigenschaften von Schweinefleisch auf den Punkt bringt“, sagt Vickie Enné Ryge, Chefberaterin im Dänischen Fachverband der Land- & Ernährungswirtschaft. Diese Sprache sollen dann später Schweinefleisch-Sommeliers nutzen, um professionell über die Besonderheiten der unterschiedlichen Teilstücke und ihre Zubereitung zu informieren. Gemeinsam mit verschiedenen Experten hat die Chemikerin und Sensorik-Spezialistin Lisbeth Ankersen im Rahmen des Projektes unter anderem 14 verschiedene Schweinefleisch-Teilstücke wie beispielsweise Kotelett, Filet und Eisbein sowie fünf verschiedene Zubereitungsformen, darunter Braten und Schmoren, genau unter die Lupe genommen.

Im Zuge der Untersuchung haben Ankersen und ihr Team 90 Geschmacksnuancen definiert und mit speziellen Begriffen wie etwa Karamell, Rose und Wild verknüpft. Besonders wichtig für die geschmackliche Wahrnehmung sind Proteine. Aminosäuren sorgen für unterschiedliche Noten. Furane geben dem Schweinefleisch eine Karamell-Note und Ketone erinnern an Butter und Pilze.

90 Geschmacksnuancen
Übrigens ist die weitverbreitete Auffassung, dass Fett ein wichtiger Geschmacksträger sei, nach Ansicht der Sensorik-Spezialistin ein Irrglauben. „Dies trifft eher für das Bindegewebe zu. So enthalten die besonders schmackhaften Schweinebacken zum Beispiel wenig Fett, dafür aber dunkles Muskel- und viel Bindegewebe“, so Ankersen. Im Rahmen des Projektes soll in weiteren Schritten analysiert werden, welchen Einfluss das Alter und die Genetik der Tiere, die Fütterung und die Schlachtmethode auf den Fleischgeschmack haben. Man möchte darüber hinaus ausloten, ob es beispielsweise Unterschiede zwischen konventioneller, Bio- und Freilandhaltung gibt.

Ausgewiesenes Ziel ist es, eine eigene, einheitliche Sprache für Schweinefleisch-Sommeliers einzuführen. Diese sollen künftig vor Ort im LEH und der Gastronomie mit dem neu entwickelten Wortschatz die Kundschaft kompetent rund um das Thema Schweinefleisch informieren. Als Zielgruppe hat der Dänische Fachverband laut Chefberaterin Vickie Enné Ryge zunächst professionell in der Fleischbranche tätige Personen wie Metzger, Fleischereifachverkäufer und Gastronomen im Visier. Eine Ausweitung auf andere Berufs- und Interessensgruppen ist jedoch durchaus denkbar, so Vickie Enné Ryge.