Belgien Beflügelt von Bio-Schweinefleisch

Belgien ist mit 267.000 Tonnen der größte Schweinefleischexporteur nach Deutschland. Die Fälle Afrikanischer Schweinepest (ASP) im Nachbarland haben die Fleischimporte des deutschen Handels im Jahre 2018 gebremst. Inzwischen hat sich der Markt stabilisiert.

Mittwoch, 02. Oktober 2019 - Fleisch
Thomas A. Friedrich
Artikelbild Beflügelt von Bio-Schweinefleisch
Bildquelle: Colruyt

„Wir sind Einzelhändler und unser Ziel ist es, nachhaltige Langzeit-Investitionen zu tätigen“, erklärt Colruyt Produktions-Manager, Pieter Van Dyck. Der Familienbetrieb Colruyt ist nicht irgendein Retailer: Mit 500 Geschäften in Belgien, Frankreich und Luxemburg ist er die Nr. 1 mit den Markennamen Okay, Bio-Planet, Dreamland und assoziiert mit der Spar-Kette. In Belgien, Frankreich und Luxemburg stehen 704.000 Quadratmeter Verkaufsfläche im Eigentum von Colruyt. Damit deckt das Familienunternehmen 31 Prozent der Lebensmittelgeschäfte in Belgien ab.
Für den Vorsitzenden der Geschäftsführung, Jef Colruyt, stehen die Kunden im Vordergrund, die Investitionen für die Zukunft orientieren sich an Nachhaltigkeitszielen: „Weniger Verpackungen, mehr Kreislaufwirtschaft und Kooperationen mit Bio-Landwirten ausweiten sowie Transparenz bei den Lebensmitteln schaffen“, lautet sein Credo.
Mit der Einführung von Nutri-Score und dem Project Bio-Planet gibt Colruyt seinen Kunden Orientierung beim Gehalt von Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln. Besonderen Wert legt Colruyt auch auf Nachverfolgbarkeit seiner Verkaufsprodukte an der Fleischtheke von der Stallproduktion bis zum Teller des Kunden.
Für den Direktor der Colruyt Group Fine Food, Stefan Goethaert, hat die Zukunft der Fleisch- und Gemüseverarbeitung mit dem Stichdatum 25. Januar 2017 begonnen. In Anwesenheit des belgischen Premierministers Charles Michel wurde auf 18.000 Quadratmeter Fläche der neue Fleischverarbeitungsbetrieb am Standort Halle (Belgien) eröffnet. Damit ist Colruyt nicht nur zum größten Produzenten und Verarbeitungsbetrieb von Fleisch- und Wurstwaren aufgestiegen, sondern hat auch die Zukunft mit Blick auf vegane Ernährung und Substitution von Fleischprodukten im Visier.

Ist die Zukunft vegan und alles Veggie?
Wer durch die hygienisch auf modernstem Stand und mit Sicherheits-Desinfektionsschleusen für alle Mitarbeiter der Fleischzerteilung, -Konditionierung- und Verpackungsstränge versehenen riesigen Hallen zum Einkochen und Pökeln von Rind,- Schweine- und Geflügelfleisch marschiert, kann sich nicht so leicht vorstellen, dass in Belgien, traditionell Land der Fleischliebhaber, bei Colruyt die Zukunft auf vegan ausgerichtet wird.
Tatsächlich sind mit der neuen großdimensionierten Verarbeitungshalle im belgischen Halle bereits die Weichen für die Zukunft gestellt: Der Verfahrens- und Prozessmanager Bart Boelen erklärt, dass der gesamte Produktionsablauf bereits auf drei getrennte Produktionsstränge ausgelegt ist: die klassische traditionelle Fleischverarbeitung, die Verarbeitung von Gemüse von belgischen Beeten sowie die Konditionierung von Fertiggerichten. Orientiert an Marktanalyen über den Wandel des Verbraucherverhaltens und des gesellschaftlichen Wandels, liege die Zukunft des Lebensmittelkonsums in den EU auf den neuen Schwerpunkten Bio, ökologisch, vegan und Fertiggerichten.
„Alle Fleischanlieferungen stammen zu 100 Prozent aus Belgien“, versichert der Leiter der Fleischzerlegung, Stef De Weghe, in Halle. Damit will die Colruyt-Gruppe nicht nur den belgischen Markt stützen, sondern lässt sich von der Strategie regionaler Produktion für die belgischen, französischen und luxemburgischen Regale in den Colruyt-Stores leiten.
Das 90 Jahre alte Familienunternehmen Colruyt sucht den eigenen Anspruch in Sachen Tierwohl mit dem Verbot des Schwänzekupierens, der betäubungslosen Ferkelkastration und des Kükenschredderns bei seinen Erzeugern durchzusetzen.
Seit jüngster Zeit will Colruyt mit gezielten Partnerschaften mit Kartoffelerzeugern, Rindfleischzüchtern, Milchbauern und Schweinemästern die Bio-Produktion forcieren und Tierwohlstandards am belgischen Erzeugermarkt mit befördern. Im August wurde soeben das erste Bio-Spanferkelfleisch in den Colruyt-Geschäften angeboten.
Der Retailer Colruyt strebt durch den Ankauf von Bio-Zuchtschweinen in Kooperation mit Bio-Landwirten eine Poleposition auf dem Bio-Schweinefleischmarkt an. „Wir sehen uns hier als Pioniere auf dem belgischen Markt“, erklärt Colruyt-Sprecherin Hanne Poppe. Die Bio-Schweine werden in zertifizierten belgischen Schlachthäusern verarbeitet und exklusiv in den neuen Bio-Planet-Filialen von Colruyt vermarktet.

Transparenz für die Kunden
Während sich der deutsche Gesetzgeber und Handel schwertun, den Kunden eine verständliche Lebensmittel-Nährwertkennzeichnung an die Hand zu geben, hat sich der belgische Lebensmittel-Einzelhandel entschieden: Seit August 2018 gibt es den Nutri-Score mit einer fünffarbigen A, B, C, D, E-Skala, der den Konsumenten bei rund 20.000 Lebensmittel im Sortiment auf den Verpackungen eine klare Orientierungshilfe anbieten will.