Belgisches Fleisch Profil durch Maßarbeit

Wie schaffen es die belgischen Rinder- und Schweineproduzenten, sich auf dem umkämpften Fleischmarkt zu behaupten? René Maillard, Belgian Meat Office, und seine Gedanken zu Europa.

Donnerstag, 01. Februar 2018 - Fleisch
Heidrun Mittler
Artikelbild Profil durch Maßarbeit
Bildquelle: Getty Images

Belgisches Schweinefleisch gehört in Deutschland zu den festen Größen in den Super- und Verbrauchermärkten. Rund ein Drittel der belgischen Schweinefleischmengen wird auf dem deutschen Markt platziert. Damit belegt Deutschland den ersten Platz im Ranking der wichtigsten belgischen Exportdestinationen. Die Zahlen stammen vom Belgian Meat Office, das den Export der Ware unterstützt. René Maillard ist seit 15 Jahren Leiter dieses Büros – ein ausgewiesener Kenner der Fleischbranche, und zugleich überzeugter Europäer. Ein belgischer Europäer also, der sich über Protektionismus in manchen Mitgliedsstaaten ärgert.

problematische Kennzeichnung
Maillard spricht unter anderem die europäische Herkunftskennzeichnung von Fleisch an. Sie wird seiner Ansicht nach „leider vielfach dazu benutzt, den Protektionismus voranzutreiben“. Maillard weiter: „Wenn im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel nur noch 3-, 4– oder 5-D-Fleisch verlangt wird, dann geht das doch eindeutig in Richtung Protektionismus. Das finde ich sehr schade, da diese Politik doch auch den europäischen Grundgedanken unterhöhlt.“

Ob die Belgier Probleme mit der deutschen Tierwohl-Diskussion haben? Diese Frage verneint der Manager. Tierwohl spiele auch in Belgien eine bedeutende Rolle: „Mit dem belgischen Certus-Prüfsiegel-Schweinefleisch haben wir dem Handel QS-fähiges Fleisch zu bieten, das deutschen Standards entspricht“, erläutert er.

Und weiter: „In puncto Tierwohl kann ich mich nur (... dem noch amtierenden, Anmerkung der Redaktion) Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt anschließen, der eine europäische Lösung anvisiert. Im Label-Dschungel wäre das ein wahrer Lichtstreifen am Horizont!“

Maßgeschneidertes angebot
Bei der Vermarktung der Ware setzen die Belgier auf den Begriff „maßgeschneidert“. Das Thema wurde optisch in Form von Schneiderpuppen in die globalen Werbekampagnen integriert: Ein Schneidermeister in Metzgeruniform soll das Know-how der belgischen Fleischlieferanten verdeutlichen.

Dahinter steckt eine sogenannte SWOT-Analyse (die Großbuchstaben stehen für die englischen Begriffe Stärken, Schwächen, Chancen und Bedrohungen), die das Belgian Meat Office durchgeführt hat.

Eine solche Analyse auf verschiedenen Auslandsmärkten hat laut Maillard aufgezeigt, dass sich die Belgier durch Maßarbeit profiliert haben. Das bedeutet: Sie liefern genau das, was der Handel – auch hierzulande – wünscht. Die Produzenten sind meist familiengeführte Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen. Das führe zu einer besonderen Flexibilität.

Die Branche auf einen Blick

Die belgische Fleischbranche ist auf Rind- und Schweinefleisch spezialisiert. Seit Jahrzehnten wird belgisches Fleisch global exportiert und konsumiert: Heute bedient Belgien mehr als 60 Länder. Hier werden jährlich 11,2 Mio. Schweine, 550.000 Rinder und 365.000 Kälber geschlachtet. Das zu Flanderns Agrar-Marketing- Büro VLAM gehörende Belgian Meat Office koordiniert die Exportaktivitäten für Rind- und Schweinefleisch.


Interview mit René Maillard: Überzeugter Europäer

René Maillard fordert mehr Objektivität in der Fleisch-Debatte und mag bekennende Fleisch-Esser.

In deutschen Medien dreht sich die Diskussion vielfach darum, wie man Fleisch vermeiden kann. Nervt Sie das?
René Maillard: Was mich an den fundamentalistischen Grundsätzen dieser Meinungsbildner stört, ist das verbohrte schwarz-/weiße bzw. gut/schlechte Schubladen-Denken. Sie verschließen sich der objektiven, wissenschaftlichen Debatte. Zudem setzen sie sich über jede gesellschaftliche Diskussion hinweg, weil sie der festen Überzeugung sind, die höchste Wahrheit gepachtet zu haben. Das geht sogar so weit, dass dem Otto Normalverbraucher die freie Wahl über Fleisch abgesprochen wird.

Wie ist die öffentliche Meinung in Belgien?
Anhand von alljährlichen Marktuntersuchungen wird der belgische Fleischkonsum unter die Lupe genommen. Laut dieser Studie sind 96 Prozent der Belgier bekennende Fleischesser. Rund 58 Prozent der Belgier entscheiden sich aus Geschmacksgründen für Fleisch. Auch der Gesundheitsfaktor spielt beim Fleischkauf eine dominante Rolle: 68 Prozent der Belgier werten die tierischen Proteine als wichtigen Baustein für eine ausgewogene Ernährung.

Was ist zurzeit die wichtigste Herausforderung für die belgischen Fleischerzeuger?
Die Afrikanische Schweinepest steht vor der Tür. Die wohl wichtigste Herausforderung in diesem Jahr dürfte es – nicht nur für die Belgier (!) – sein, die Einschleppung dieser Viruserkrankung zu verhindern.

Wie wichtig ist der deutsche Markt für die belgischen Fleischerzeuger?
Belgisches Schweinefleisch hat eine lange Tradition in Deutschland. Rund ein Drittel der belgischen Schweinefleischmengen wird auf dem deutschen Markt platziert. Damit belegt Deutschland den ersten Platz im Ranking der wichtigsten belgischen Exportdestinationen.

Und wie wichtig ist der Export grundsätzlich für Ihre Produzenten?
Aufgrund des hohen Selbstversorgungsgrads in Belgien spielt das Exportgeschäft eine herausragende Rolle. Deshalb sind unsere Unternehmen auch 2018 gefordert, die Entwicklung der weltweiten Fleischmärkte mit Argusaugen zu beobachten und die Exportstrategien ständig zu überprüfen. Wichtige Schützenhilfe erhalten sie dabei übrigens von Belgian Meat Office.

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