Fleisch, Wurst, Geflüge Burger-Begehren

Hackfleisch-Scheiben boomen. Der Trend aus der Gastronomie ist im LEH angekommen. Der einstige TK-Artikel legt tiefgefroren, an der Bedientheke, in SB, als Menü und in Gastro-Konzepten kräftig zu.

Donnerstag, 01. September 2016 - Fleisch
Christina Steinheuer
Artikelbild Burger-Begehren

Gefroren geht immer noch am besten, aber auch warm und verzehrfertig oder kühl aus dem SB-Regal sind Burger im LEH eine runde Sache. Kaum ein anderes Fleischwaren-Produkt erlebt seit Jahren eine derart anhaltende und stetig steigende Nachfrage. Trendprodukt, Anreiz-Artikel für junge Käufer, simpel im Handling und schlicht Kult. Wenn Essen etwas mit der Lebenseinstellung zu tun hat, dann sind Burger etwas für Leute, die gerne alles in der eigenen Hand haben: einfach, unkonventionell, individuell belegbar, am besten an der frischen Luft zu genießen, mit Freunden im Garten, to go oder vom Food-Truck.

2015, so ermittelte es die Agentur The Food Professionals, waren Burger die am meisten angebotene Speise in Food-Trucks in Deutschland. Gefragt sind vor allem handgemachte, hochwertige Burger. Als erste haben das spezialisierte Ketten wie Hans im Glück (ca. 40 Standorte in Deutschland, Durchschnittsbon rd. 12 Euro, bei 400 bis 600 Tagesgästen pro Filiale), die Cowboys Burger Saloons oder Burgerlich (von Sven Freystatzky und Grogor Gerlach) gemerkt, dann die Food-Truck- und Streetfood-Szene, jetzt gute Fleischereien wie „Der Ludwig“, der eigens eine Burger-Offensive gestartet hat, und der LEH. Noch trauen sich nur wenige mit Verve an die Fleisch-Scheiben, wie Edeka Hieber oder Rewe-Kaufmann Roman Knichel, der alle zwei Wochen selbst gemachte Burger als Mittagsmenü anbietet. 100 sind dann selbst im tiefsten Hunsrück mittags schnell verkauft.

Spannen, die Freude machen
Dabei lässt sich mit Burgern gutes Geld verdienen. Beim typischen TK-Artikel hat der Händler eine Spanne zwischen 20 und 35 Prozent, beim frischen SB-Artikel liegt sie ähnlich, zumeist minimal höher. Im Bistro-Bereich (frisch und verzehrfertig zubereitet) klettert sie bei Edeka Hieber schon mal auf 60 Prozent, berichtet der Bereichsleiter Frische/Theken, Martin Weisslämle. Im Umsatz legten Burger bei Hiebers im Vergleich zum Vorjahr um satte 40 Prozent zu. Das sei der höheren Nachfrage, aber auch der großen Sortimentsausweitung geschuldet. Stolz listet Weisslämle das Burger-Angebot von Hieber auf: 17 Sorten frische Patties bei SB-Fleisch, 8 im Bedienungsbereich, 15 bei Convenience (davon 3 ready to heat, 5 Varianten an vorgegarten Fleischscheiben sowie 7 vegetarische bzw. vegane Varianten), außerdem 18 Sorten bei TK sowie 5 verzehrfertige, frisch zubereitete Sorten im Bistro.

Edel und Gut soll es sein
Das macht deutlich: Die reine TK-Rindfleisch-Scheibe war gestern. Heute sind Chicken-Burger, vegetarische Varianten, Bio-Angebote, aber vor allem Edel-Burger mit besonderem Fleisch gefragt. Und ganz wichtig: Die angebotenen Brötchen und Saucen bzw. Belegungsvarianten müssen mit dem hochwertigen Fleisch-Angebot mithalten können, so Edeka-Nord-Fleischwerk-Chef Stephan Weber. Sonst ist der Artikel, egal in welchem Aggregatzustand oder für welchen Preis, zum Scheitern verurteilt. Nur Burger, die schmecken und nach etwas aussehen, werden wiedergekauft. Produkt- und Verpackungsdesigner für Burger sind derzeit begehrt. Design Cueni aus der Schweiz hat eine transparente Doppelkammer-Verpackung für küchenfertige Patties entwickelt. Während Cueni auf Transparenz setzt, unterstreicht die niederländische Zandbergen World’s Finest Meat, dass das Rindfleisch für ihre gefrosteten Rindfleisch-Burger von Rainforst-Alliance-zertifizierten Farmen in Brasilien stammt.


Hätten Sie es gewusst?

Der Unterschied zwischen Hamburger und Burger? Hamburger dürfen in Deutschland nur aus Rindfleisch hergestellt werden und höchstens Salz sowie Gewürze enthalten. Mehr nicht. So geben es die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs vor.

Vielfalt Für jeden GeSchmack
Gewürz- und Saucen-Spezialist AVO hebt in seinem Katalog „Meisterclub aktuell“ den Burger nicht nur auf die Titelseite, sondern bietet dem Handel auch einiges an Burger-Saucen und Compounds für Premium-Burger an. Den Trend zum „Better-Burger“ registrieren alle Fleisch-Patty-Anbieter: Bei Schulte & Sohn bestehen die Patties zu 98 Prozent aus Fleisch und zu 2 Prozent aus Gewürzen. Das Sortiment besteht aus vier frischen (American Beef, American Smoky Beef, Irish Black Angus, Duroc) und drei TK-Artikeln (American Beef, Simmentaler Beef, Irish Black Angus). Gerade um dem LEH, dem man ein großes Potenzial für Premium-Burger attestiert, noch mehr Vielfalt bieten zu können, denkt man über Lamm-, Bison- und Wagyu-Burger nach. Bei den gekühlten Produkten setzt Schulte & Sohn auf Verpackungen, die 2 x 200 g Fleisch beinhalten, bei TK-Artikeln auf 2 x 125 g. Im übertragenen wie im konkreten Sinn haben Burger im Handel mehr Gewicht bekommen, stellt auch Frank Reisewitz von der Westfleisch-TK-Tochter Icehouse fest: „Durchschnittlich 120 g wiegen unsere Burger-Varianten mittlerweile. Mit den flachen 60-g-Patties vergangener Tage hat das kaum mehr etwaszu tun.“ Er freut sich über ein zweistelliges Plus bei Um- und Absatz.

Markus Lienker, Exportleiter bei der Westfleisch-Tochter Westfalenland, und damit für die frischen Burger-Patties zuständig, sieht einen strategischen Vorteil für sein Unternehmen im Zugriff auf die passenden Rohstoffe sowie 21 Tagen Restlaufzeit für den Handel. Konkurrent Vion Convenience beliefert z. B. Rewe, Edeka und Real täglich mit frischen Hamburgern. Die Schwesterfirma Salomon Food World, mit laut eigener Aussage 80 Prozent Marktanteil im Bereich Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung, stellt seit 35 Jahren Burger her (über 5 Mrd. Patties bis heute), ihren wichtigsten Artikel. Die Erfahrung kann nun dem LEH helfen, Fehler gar nicht erst zu machen. Burger, frisch und gefroren, gehören auch bei der Tönnies-Tochter Tillman’s zu den fünf meist verkauften Produkten. Seit 2010 legen die Absätze stetig zu. „Aktuell haben wir individuelle Produkte für unsere Kunden in der Entwicklung“, so Geschäftsführer Jens-Christian Roedenbeck.

Im LEH und in der Gastronomie ist Block längst eine Marke. Seit vier Jahren erzielt man mit Burgern zweistellige Umsatzzuwächse. Die TK-Artikel (Nettospannen um die 30 Prozent) sind Schwergewichte (American Burger 125 g, Block Burger 200 g, Black Angus 180 g). 2017 kommen weitere Varianten auf den Markt.

Verkauft man verzehrfertige Burger an der Bedientheke, sollte man ein Auge auf die Personalkosten und die Fähigkeiten der Mitarbeiter haben. Die müssen das Produkt erklären können. Ohne Verkäufer mit Verführungsqualitäten wird das schwierig. Die Erfahrung hat Kaiser’s in Berlin gemacht, wo es die vor ca. 5 Jahren eingeführten Wagyu-Burger von Otto Gourmet für 5,98 Euro das Stück nicht mehr gibt. Bei Tegut verkauft man Burger nur in SB, merkt aber an der Bedientheke steigende Absätze, wenn man im Handzettel Hackfleisch-Mischungen in Verbindung mit Burgern bewirbt. Offenkundig begehren Bürger Burger.

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