Desinfektion von Einkaufswagen Papierhülsen am Griff oder Mini-Waschstraße

Seit Beginn der Corona-Krise herrschen neue, strenge Hygieneregeln im Lebensmitteleinzelhandel. Um Viren und Keime jeder Art zu vermeiden und damit mehr Sicherheit im Einkaufsalltag zu leisten, setzen Hersteller auf verschiedene Lösungen von Papierhülsen für Griffe über Desinfektionssäulen am Markteingang bis hin zu Waschstraßen für Einkaufswagen.

Mittwoch, 17. Juni 2020 - Corona Update
Wibke Niemeyer
Artikelbild Papierhülsen am Griff oder Mini-Waschstraße
Bildquelle: Getty Images/iStockphoto

In den meisten Supermärkten gilt während der Corona-Pandemie: Wer einkaufen will, muss einen Einkaufswagen nehmen. Aber wie hygienisch sind die Griffe? Denn wann diese zuletzt desinfiziert wurden, ist oft unklar. Deswegen bieten Supermärkte Desinfektionsmittel und Tücher an, mit denen die Wagen vor deren Nutzung gereinigt werden können. So war es auch zu Anfang der Corona-Pandemie in den Edeka-Märkten Adam im niedersächsischen Melle und westfälischen Rödinghausen. „Die Kunden wollten das selbst machen und nicht machen lassen“, berichtet Geschäftsführer Andrej Janzen. Dank der Eigeninitiative der Kunden beim Einkauf konnte so auf zusätzliches Personal verzichtet werden. Die Kosten, die er dadurch einspart, kann Andrej Janzen beispielsweise für neue Einkaufswagen verwenden, denn „das Metall leidet unter der ständigen Desinfektion und wir werden wohl einige austauschen müssen“.

Eine Waschstraße für Einkaufswagen

Das Start-up Saiko Maschinentechnik aus dem westfälischen Herford hat beim Thema Desinfektion noch ein Stück weitergedacht. Die Unternehmer Koray Celik und Baris Karadas haben eine Desinfektionsanlage für Einkaufswagen entwickelt, die einer Waschstraße ähnelt. Bereits seit 2016 arbeiten die Geschäftsführer am sogenannten Deso Cube (übersetzt: Desinfektionswürfel). „Durch Corona hat sich die Entwicklung beschleunigt und die serienmäßige Auslieferung soll Anfang Juli beginnen“, erzählt Geschäftsführer Koray Celik im Gespräch mit der LP.

Die Bedienung ist einfach: Der Wagen wird hineingeschoben, per Knopfdruck wird er desinfiziert. In der Zwischenzeit können sich die Kunden noch selbst die Hände desinfizieren. Um erste Kontakte zu Händlern herzustellen und bekannter zu werden, hätten sein Partner und er „die Märkte noch selbst angerufen und ihr Produkt vorgestellt. Doch durch einen Fernsehbeitrag und die Berichterstattung in den Print- und Onlinemedien sind die Anfragen sehr schnell gestiegen“, so Celik. Im genannten Fernsehbeitrag war auch der Edeka-Markt Adam aus Melle Teil der Geschichte. In allen Filialen gibt es den Deso Cube vorerst als Prototyp. „Das Gerät musste erst auf die Kunden wirken. Ich habe aber den Eindruck, dass Desinfektion am Anfang von Corona stärker nachgefragt war“, berichtet Andrej Janzen.

Die Nachfrage nach dem Deso Cube sei indes stetig hoch, betont Koray Celik. Aktuell sind 60 Automaten in Getränke- und Supermärkten von Rewe und Edeka in neun deutschen Bundesländern in Betrieb, so auch bei Edeka Zierles in Oer-Erkenschwick. „Es ist die erfolgreichste Neueinführung im Markt, die ich je hatte. Die Kunden sind sehr sensibilisiert für das Thema Desinfektion, und es benutzt jeder das Gerät“, sagt Marc Zierles. Der Geschäftsführer ist von dem Produkt überzeugt und kann sich vorstellen, die Anlage auch über die Corona-Zeit hinaus zu behalten.

Auch Oliver Jasperkaldeweh, Bezirksleiter bei Lüning, der unter anderem den Elli-Markt in Schloß Holte-Stukenbrock betreibt, möchte den Automaten in den Filialen über die Corona-Krise hinaus stehen lassen. „Bevor wir das Gerät aufgestellt haben, hat unser Hausmeisterservice die Wagen gereinigt und die desinfizierten von den gebrauchten strikt getrennt“, erklärt er.

Für Samir Uras, Marktleiter eines Rewe-Marktes im hessischen Reiskirchen, sei der Deso Cube „ein Hingucker im Markt“. Er wollte anfangs Handdesinfektionsspender kaufen. „Diese waren ziemlich teuer, oder die Firmen hatten zu lange Lieferzeiten“, erzählt er gegenüber der LP. Doch er musste schnell handeln und entschied sich für den Deso Cube. „Täglich muss ich das Desinfektionsmittel auffüllen“, berichtet er. Das zeige ihm, dass „die Menschen besonders auf die Hygiene achten“.

Mit der Firma Empas hat das Start-up einen Mitbewerber auf dem Markt bekommen. Der niederländische Hersteller von Geräten für die Heißwasserwildkrautbekämpfung und -reinigung setzt mit dem mobilen Einkaufswagenreiniger Alaska auf ein ähnliches Verfahren für die automatische Desinfektion und Reinigung von Einkaufswagen. „Die Investition macht sich bereits nach wenigen Monaten bezahlt, denn sie ist deutlich kostengünstiger als der Einsatz von Personal und kann auch in der Zeit nach Corona eingesetzt werden", heißt es aus der Entwicklungsabteilung.

Reinigung und technischer Service von Einkaufswagen

Der „Trolley Star“ von Wanzl bietet neben der Reinigung auch gleich die Wartung, Reparatur und den Ersatzteilservice für Einkaufswagen in einem Paket. Ein Spezialmobil rollt bis direkt vor den Markt. Zuerst folgt eine gründliche Inspektion der Rollen, Münzpfandsysteme, Werbegriffe, Kindersitze und vielen weiteren Komponenten. Denn nach täglichem Dauereinsatz beim Einkauf ist ein regelmäßiger Check empfehlenswert. „Ein- bis zweimal jährlich“, rät Jochen Hieber, Leiter Service bei Wanzl.

Auf den technischen Service folgt die Einzelreinigung in der integrierten Waschstraße. Dort wird ein Einkaufswagen nach dem anderen gereinigt inklusive Glanztrocknung. Abschließend wird noch eine Prüfplakette angebracht.

Kontaktlose Desinfektionssäule

Das Unternehmen Harema aus dem hessischen Rodgau hat eine neue Desinfektionssäule zur Hand- und Flächendesinfektion entwickelt. Die Säule, die Desi Standart, kann sowohl im Innen- als auch im Außenbereich vom Lebensmittelhandel, von Märkten und Kaufhäusern eingesetzt werden. Das stabile, aus Edelstahl gefertigte Gehäuse ist korrosions- und temperaturbeständig. Die freistehende Säule ist einfach zu montieren und hat durch eine integrierte Bodenplatte zusätzlich sicheren Stand.

Das Besondere: Hier tanken Kunden Hygiene ohne Handkontakt. Der integrierte Desinfektionsspender wird durch Berührung mit dem Ellenbogen bedient. Diebe können sich daran nicht vergreifen, denn er ist mit einer Edelstahlverblendung mit spezieller Sicherungsspange geschützt. Das Etikett des Desinfektionsmittels ist trotzdem komplett zu sehen, so dass auch Allergiker einen Blick auf die Inhaltsstoffe haben. Ebenfalls in die Säule integriert sind zwei Spender für Papierhandtücher, die zur Desinfektion von Türklinken, Geländern, Einkaufswagen und anderen alkoholbeständigen Flächen verwendet und über einen Behälter in der Säule problemlos wieder entsorgt werden.

Papierhülsen am Griff und UV-C-Licht statt Desinfektionsmittel

„Zu Ihrem Schutz. Bitte nach Gebrauch entfernen“ – das steht auf den Papierhülsen, die in den Denn’s Bio-Märkten verwendet werden. „Um den Einsatz von alkoholbasiertem Desinfektionsmittel zu reduzieren, bieten wir alternativ die Auslage der Papierhülsen an. Der Einsatz ist mittlerweile stark rückläufig“, berichtet Lukas Nossol, verantwortlich für die Unternehmenskommunikation bei dennree.

Ebenfalls eine Alternative zu Desinfektionsmitteln und damit eine neuartige Technik für virenfreie Oberflächen haben Forscher des Management Centers Innsbruck (MCI) entdeckt. „Die Einkaufswägen werden in einer speziell konstruierten Box mit UV-C-Licht bestrahlt. Das kurzwellige Licht zerstört die Oberfläche der Erreger und tötet Viren, Bakterien, Keime und Pilze zu 99 Prozent ab“, teilt Sprecherin Ulrike Fuchs mit.

Dass dies auch tatsächlich funktioniert, bestätigen Testreihen an der Medizinischen Universität Innsbruck (Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie). HIV und Noroviren wurden bereits getestet, die Tests mit Influenzaviren und SARS-CoV2 (COVID-19) laufen gerade an.