Produkte aus der Schweiz So nimmt der Export wieder Fahrt auf

Die Pandemie hat die Schweizer Wirtschaft schwer getroffen. Wir haben uns umgehört, in wie weit davon auch der Lebensmittelexport nach Deutschland betroffen ist.

Donnerstag, 14. Mai 2020 - Corona Update
Friederike Stahmann
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Bildquelle: Friederike Stahmann

Dreh- und Angelpunkt für den Export sind die Logistikketten. Und wie laufen die in Zeiten von weltweiten Grenzschließungen? „Anfänglich kam es vor allem in China zu Problemen, weil beispielsweise Container blockiert waren“, weiß Urs Futter, Direktor beim Verband Schweizerischer Schokoladenfabrikanten, der Chocosuisse. Doch aktuell funktioniere die Export-Logistik im Großen und Ganzen wieder gut. „Dass die zuständige Bundesstelle die Schweizer Schokoladenindustrie als versorgungsrelevant erklärt hat, kann bei Problemen beispielweise an der Grenze helfen“. Mehr noch: Die Situation hat bei Behörden, die in die Grenzabwicklung involviert sind, auch einen Digitalisierungsschub ausgelöst. Mit der Folge, dass Prozesse vereinfacht wurden.

Schweizer Käse ist für die Eidgenossen im Agrarbereich das wohl wichtigste Produkt. Deutschland gehört zu den wichtigen Exportmärkten für Schweizer Käse. Von den exportierten 75.877 Tonnen 2019 gingen laut schweizerischer Oberzolldirektion allein knapp 31.000 Tonnen ins große Nachbarland nördlich des Bodensees, was im Vergleich zur Vorjahresperiode einer Zunahme von drei Prozent entspricht. „Diese positive Entwicklung verlief im ersten. Quartal 2020 weiter“, so Andreas Müller, Geschäftsführer von Switzerland Cheese Marketing.

Auch die Migros, die mit Marken wie Schwyzer Milchhuus und Dörig im deutschen LEH vertreten ist, vermeldet keine größeren Einschränkungen im internationalen Lebensmittel-Warenverkehr. „Sowohl die Einfuhr als auch die Ausfuhr und der Transport von Gütern verlaufen grundsätzlich problemlos“, freut man sich in der Migros-Zentrale in Zürich.

„Erste Befürchtungen, dass Logistikketten behindert würden haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Unsere Käse kommen weiterhin in die Absatzmärkte. Momentan beobachten wir eine normale Marktsituation im gewohnten Umfang“, kann auch Reto Burkardt für die Schweizer Milchproduzenten SMP resümieren.

Die anfänglichen Hamsterkäufe haben es den Logistikunternehmen und der Industrie schwer gemacht, genügend Lieferraum und Produkte auf Abruf zur Verfügung zu stellen. „Der Fokus bestand darin, die Regallücken der Volumendreher zu schließen, was letztendlich unermüdlichen Einsatzes des Personals auf der Ladenfläche zu verdanken ist“, beschreibt Elisabeth Wagner-Wehrborn für Emmi Deutschland die Lage. Nachdem die Bevorratung wieder auf ein Normalmaß zurückgegangen ist, weiß die Expertin „ist jetzt wieder Zeit für mehr Vielfalt im Frischeregal. Und auch der Konsum von Frischeprodukten und Spezialitäten nimmt wieder Fahrt auf.“

So isst man in der Krise

Isst man in der Krise anders als sonst? Für Schokolade kann man dies mit einem klaren „Ja“ beantworten. So kaufen interessanterweise Konsumenten in der Krise eher klassische Schokolade als Pralinen. „Möglicherweise hängt dies damit zusammen, dass sich Konsumenten in Zeiten der Verunsicherung einen Notvorrat zulegten“, vermutet Urs Furrer. Als kompaktes, gut lagerbares und energiehaltiges Produkt eignen sich Schokoladetafeln dafür gut.

Geänderte Verbraucherpräferenzen kann man auch bei Emmi feststellen. Im Joghurtsegment gehe die Tendenz hin zu Big Pots und Naturjoghurts. Kein Wunder: Laut Nielsen sind knapp 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Kurzarbeit. Was bedeutet, dass die Konsumenten vermehrt Preisangebote wahr- und annehmen und Private Label wieder an Bedeutung gewinnen könnte. Es wird gespart.

Aber nicht überall. Bio-Lebensmittel, in der Schweiz mit der Knospe gelabelt, gewinnen an Boden. Musste man im vergangen Jahr noch eine höhere Produktion als Nachfrage im Marktsegment Bio-Milch hinnehmen, vermeldet der Schweizer Bioverband Bio Suisse aktuell eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Milch und Butter in Bioqualität.

Leben findet durch Kontaktbeschränkungen und Home Office gerade weniger „unterwegs“ statt. Konsequenz: Einbußen im To-Go-Regal sowie an Tankstellen, wo aufgrund der Reisefrequenz der Spontankauf ausbleibt. Auch der komplett zusammengebrochene Gastrokanal sowohl in der Schweiz als auch für Schweizer Produkte tut den Herstellern weh. „Die Umsätze in Restaurants sowie grundsätzlich im Food-Service-Kanal sind teilweise relevant eingebrochen“, meldet daher auch das Lebensmittelunternehmen Orior. Das ist beispielsweise mit der Marke Casualfood in Restaurants, Shops und Snackmobilen an Flughäfen und Bahnhöfen für Menschen auf Reisen präsent. In deutschen Handel steht Orior mit der Marke Albert Spieß für ihre Bündner Fleischspezialitäten.

Käsetheken laufen weiterhin gut

Was aber gut funktioniert ist Käse im Lebensmittelhandel. Während in Österreich, Großbritannien oder auch in der Schweiz die Käsetheken geschlossen wurden, konnte der Verkauf über die Käsetheke in Deutschland auch während des Shutdowns weiter stattfinden. Dem Endverbraucher war es wie gewohnt möglich, sich mit seinen Lieblingskäsesorten zu versorgen – nur eben mit dem erforderlichen Sicherheitsabstand. Viele Kunden scheinen in dieser schwierigen Zeit das Bedürfnis zu haben, sich auch mal etwas Gutes zu tun und Ab und An zu genießen. „Wir haben daher im Theken-Bereich keine großen Umsatzveränderungen erfahren“, so Wagner-Wehrborn. Im SB-Regal konnte Emmi sogar im zweistelligen Bereich zulegen, besonders im Bereich Fondue- und Raclettekäse.

Promotions funktionieren

Sogar Neueinführungen haben funktioniert. Das Leaderprodukt der Schweiz, der Appenzeller, kam zum ersten März mit einem neuen Rahmkäse in die Theken. „Just zu Beginn der Krisenzeit und im weiteren Fortgang mit Sicherheit alles andere als zeitlich ideal, weil die Käsetheken genügend mit sich selbst und den Herausforderungen zu tun hatten“, so Andreas Müller, SCM: Doch weit gefehlt, wer denkt, dass diese Promotion nicht funktioniert hätte: „Wir sind zufrieden mit der Durchführung der Thekenaktion.“ Einzig die Degustationen konnten man aufgrund des „Social Distancing“ nicht mehr durchführen.

Auch Emmi ist positiv überrascht, wie gut Thekenaktionen funktionieren. Die aktuelle Promotion mit gratis Kochlöffeln werde sehr gut angenommen. „Unsere Kunden freuen sich über eine solche Aufmerksamkeit in diesen trüben Zeiten ganz besonders, wie wir von unserem Thekenpersonal erfahren haben.“