Ostergeschäft Lebensmittelhändler steigern Umsätze

Feiertage in Zeiten von Corona: Für den Lebensmittelhandel war das Ostergeschäft in diesem Jahr trotz aller Herausforderungen überwiegend ein Erfolg.

Mittwoch, 15. April 2020 - Corona Update
Heidrun Mittler, Sonja Plachetta
Artikelbild Lebensmittelhändler steigern Umsätze
Bildquelle: Carsten Hoppen

Umsatzzuwachs zu Ostern

Viele Händler waren im Vorfeld skeptisch, wie sich das Ostergeschäft inmitten der Corona-bedingten Kontaktsperre entwickeln würde. Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern, berichtet von einem „großen Ansturm auf die Supermärkte“. Am Gründonnerstag habe der Umsatz 20 bis 30 Prozent über dem des Vorjahrs gelegen, am Karsamstag 30 bis 40 Prozent. Die Handelsunternehmen äußern sich jedoch weniger euphorisch. Rewe und Tegut etwa sind mit dem Ergebnis „zufrieden“. Bei Netto Stavenhagen war das Ostergeschäft „deutlich stärker als im Vorjahr“.

Bei den selbstständigen Händlern ist das Fazit durchwachsen. Alexander Kiffe, Category Manager Food bei Lüning, spricht von einem „super Geschäft in fast allen Bereichen“. Michael Seidl, Inhaber von Edeka Seidl in Kulmbach, verzeichnete ein Umsatzplus von elf Prozent im Vergleich zu 2019 in der Karwoche. „Das exorbitante Wachstum der Wochen zuvor hat sich nicht fortgesetzt, trotzdem war das Ostergeschäft gut“, sagt Alexander Egert, Inhaber mehrerer Edeka-Märkte im Fichtelgebirge. Auch bei Edeka Niemerszein in Hamburg lag man „über dem Vorjahr“. Edeka-Händler Jörg Wagner aus Coburg zieht eher eine negative Bilanz: „Wir verbuchten von Montag bis Mittwoch gemessen am Vorjahreszeitraum ein deutliches Plus. Das konnte den Umsatzwegbruch zum Wochenende aber nicht wettmachen.“

Spezialfall Grenzregionen

Dass Deutschland seine Grenzen geschlossen hat, führte bei vielen Händlern zu Umsatzeinbußen. So verzeichnet Lidl rückläufige Kundenzahlen in den Filialen in Grenzregionen. „Wir haben darauf mit entsprechenden internen Maßnahmen wie der Anpassung der Warenbelieferung und des Personaleinsatzes reagiert“, heißt es dazu aus Neckarsulm. Edekaner Alexander Egert aus dem Fichtelgebirge vermisst die tschechischen Kunden „schon seit Längerem schmerzlich“. Karsten Pabst, geschäftsführender Gesellschafter der 14 Hieber-Märkte, kommentiert: „Unser Kunde kauft seltener ein, dafür aber mit einem höheren Bon.“ Den starken Einfluss, den die Grenzschließungen zur Schweiz und zu Frankreich haben, könne das allerdings nicht kompensieren. Einzig bei Netto Stavenhagen geht man davon aus, „dass das Wegbleiben bestimmter Kunden aus Nachbarländern durch die Nachfrage der deutschen Kunden überkompensiert wurde“.

Verändertes Einkaufsverhalten

Die Händler loben das überwiegend besonnene und respektvolle Verhalten ihrer Kunden. „Es wird deutlich seltener eingekauft, dafür mehr“, sagt etwa Frank Ebrecht, Geschäftsführer von Edeka Niemerszein in Hamburg. „Wir hatten 40 Prozent weniger Kunden auf vergleichbarer Fläche aufgrund unserer Zugangsbeschränkungen, der Durchschnittsbon lag dafür doppelt so hoch im Vergleich zum Vorjahr“, erklärt er. Die Kunden sind überwiegend dem Aufruf der Händler nachgekommen, ihre Einkäufe zu verteilen. So hatte etwa Tegut „von Montag bis Mittwoch deutlich mehr Menschen in den Märkten als in ,normalen‘ Osterwochen“.

Renner im Ostergeschäft

Aufgrund des guten Wetters war die Nachfrage nach Grillartikeln vielerorts sehr stark. „Das Ostergeschäft hat Weihnachten 2019 noch getoppt“, sagt Metzgermeister und Fleischsommelier Sven Nicholson, der bei Rewe Schnell im Eifelort Speicher zuständig für die Serviceabteilungen ist. Die Steigerung liege bei „30 Prozent und mehr“ im Servicebereich. Ware, die am oberen Rand der Preisskala liegt, wie Dry-aged-Beef, sei allerdings weniger nachgefragt worden. Auch bei Lüning hatte Fleisch einen Zuwachs von knapp über 20 Prozent.

Obwohl wenn sich die Hamsterkäufe abschwächen, spürten viele Händler, etwa Aldi Süd, Tegut oder Rewe, weiter eine erhöhte Nachfrage nach länger haltbaren Produkten und Produkten für den täglichen Bedarf. Bei Lüning lagen Tiefkühlprodukte zum Beispiel fast 30 Prozent über Vorjahr. Karsten Pabst hat in den Hieber-Märkten ebenfalls „eine höhere Bedarfs- als Genussdeckung“ registriert. Der Edekaner Jörg Wagner geht dagegen davon aus, dass die häuslichen Lager inzwischen voll sind. So seien etwa die Getränkeumsätze um etwa zehn Prozent eingebrochen.

Bei Kaufland waren die klassischen und auch saisonalen Artikel wie Fisch, Lamm, Spargel, Erdbeeren sowie Ostersüßwaren gefragt. Saisonale Süßigkeiten verkauften sich jedoch nicht überall gut. Während Süßwaren insgesamt bei Lüning ein Plus von fast 20 Prozent erreichten, lag man bei Schokohasen und Co. gerade auf Vorjahresniveau. Bei Edeka Niemerszein wurde die Rabattaktion (20 Prozent auf Saisonartikel am Montag und Dienstag) sehr gut angenommen. Andernorts, etwa bei Edeka Egert, blieb die Ware liegen. Weitere Gewinner waren Obst und Gemüse (bei Edeka Seidl etwa mit einem Plus von 23 Prozent) und Molkereiprodukte (legten bei Edeka Seidl um 14 Prozent zu). Bei Lüning zählten auch Backwaren zu den Gewinnern (+ 16 Prozent).