Interview mit Alain Caparros - Rewe „Emotionalität und Erlebnis werden noch wichtiger" - Weitere Fragen

Wie der Supermarkt der Zukunft genau aussehen wird, weiß niemand. Aber Rewe-Chef Alain Caparros hat eine Vision.

Donnerstag, 18. April 2013 - Management
Reiner Mihr und Sonja Plachetta
Artikelbild „Emotionalität und Erlebnis werden noch wichtiger" - Weitere Fragen
Bildquelle: Mugrauer

Ist dieser Anspruch, eine soziale Rolle spielen zu wollen, ein Grund dafür, dass die Gastronomie-Angebote ausgebaut werden?
Ja, wir müssen umdenken. Es wird mehr Köche in Supermärkten geben, und auch die Unterstützung für eine gesunde Ernährung, etwa durch Ernährungsberater, wird ausgebaut werden. Die entscheidende Aufgabe für uns als Rewe ist es, die Mitarbeiter mitzunehmen – damit sie den Kunden wie einen Gast in einem Restaurant behandeln. Wie schon gesagt, wir müssen weg vom Massenbetrieb hin zur Personalisierung, aber das ist noch ein weiter Weg.

Brauchen Sie dafür mehr Mitarbeiter?
Natürlich hat diese Vision ihren Preis. Im Supermarkt sollen die Mitarbeiter die Kunden zum Regal begleiten. In der Zeit können sie nichts anderes tun. Dadurch steigt der Personalkostendruck, denn wir wollen fair bezahlen. Es wird eine der großen Herausforderungen sein, gutes Personal zu bekommen. Dabei geht es nicht nur um inhaltliche Qualifikationen. Wir brauchen Leute, die kontaktfreudig sind und die Lust haben, auch an sechs Tagen die Woche bis spät zu arbeiten.

Werden Sie das Privatisierungsprogramm der Rewe forcieren?
Absolut. Ich bin für eine starke Privatisierung. Und das ist kein Widerspruch zu den Filialen. Denn wir möchten den exzellent ausgebildeten, jungen Leuten auch eine Perspektive bieten. Marktleiter können möglicherweise Verkaufsleiter werden und irgendwann vielleicht in den Vorstand aufsteigen, aber es ist utopisch, dass dieser Weg jedem gelingen wird. Eine viel bessere Motivation für einen Marktleiter ist die Perspektive, dass er sich selbstständig machen und mehr Geld verdienen kann. Das ist finanziell sehr attraktiv. Außerdem besteht die Möglichkeit, weitere Märkte zu eröffnen und zu wachsen.

Welche Rolle spielt hier ein zentrales Management?
Ich bin ein Bewunderer von Cross-over-Modellen. Bei Genossenschaften wie Leclerc funktioniert das sehr gut. Dort stehen einige Kaufleute z.B. zwei Tage pro Woche für kollektive Aufgaben zur Verfügung. Dadurch rückt das Management extrem nahe ran an die Probleme der Basis. Im Gegenzug hätte ich auch den Anspruch, dass die Manager im Handel in der Lage sind, einen Markt zu führen. Das kann meiner Meinung nach eine zukünftige Form des Managements sein, die einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringt.

Um die Konkurrenz in Schach zu halten, haben auch Sie für dieses Jahr wieder Flächenexpansion angekündigt. Gibt es in Deutschland nicht schon genug Verkaufsfläche?
Wir befinden uns in einem Verdrängungswettbewerb. Der Erste, der nicht mehr expandiert, hat verloren. Nichtsdestotrotz muss die Expansion gesund sein. Wir haben festgestellt, dass die Ausschöpfungskapazität bei Rewe noch nicht erreicht ist. Aber es ist eine Tatsache, dass die Bevölkerung schrumpft, während die Verkaufsfläche steigt.

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