Pressevertrieb Vielfalt vs. Wettbewerb

Das Grosso-System hat viele Jahre die Vielfalt im Zeitschriftenregal garantiert. Es könnte aber schon bald Geschichte sein.

Donnerstag, 01. November 2012 - Management
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Vielfalt vs. Wettbewerb
Bildquelle: Hoppen

2011 wurden rund 2,5 Mrd. Zeitungen, Zeitschriften und andere Druckerzeugnisse in Deutschland verkauft. Zu den Vertriebskanälen gehört auch der LEH, vom Discounter bis hin zum SB-Warenhaus.

Charakteristisch fu?r die Vertriebsorganisationen sind einige Eigenheiten, die seit fu?nf Jahren zu einem Streit zwischen einigen Verlagen und dem Presse-Großhandel gefu?hrt haben. Insgesamt gab es 2011 68 Presse-Grossisten, von denen die Mehrheit (53) in einem eigenen Bundesverband organisiert sind. Die u?berwiegend verlagsunabhängigen Großhändler beziehen ihre Ware von den Verlagen und liefern diese dann an den Einzelhandel aus. Das Besondere dabei: Deutschland ist in insgesamt 81 Gebiete aufgeteilt, in denen die Grossisten jeweils eine Monopolstellung inne haben. Mit den Ausnahmen Hamburg und Berlin gibt es in diesen Gebieten also keinen Wettbewerb. Die Vertriebsorganisationen unterliegen außerdem der vertikalen sowie horizontalen Preisbindung. Das heißt: Weder beim Preis fu?r den Endverbraucher noch beim Einzelhändler hat das Presse-Grosso Gestaltungsspielraum. Zudem gibt es den sogenannten „Kontrahierungszwang", der nicht nur festschreibt, dass der Grossist jede Verkaufsstelle beliefern, sondern dieser auch jede auf dem Markt verfu?gbare Publikation anbieten muss. „Das System bietet hochauflagigen Zeitungen und Zeitschriften ebenso eine Heimat wie Special-Interest-Magazinen oder internationaler Presse", erläutert Frank Nolte, Vorsitzender des Bundesverbandes Presse-Grosso.

Diese Euphorie teilt nicht jeder: So hält der auflagenstarke Bauer-Verlag (u. a. „Bravo") es fu?r eine Wettbewerbsbeschränkung, dass der Bundesverband mit den Verlagen einheitliche Verkaufskonditionen aushandelt. Allerdings stellt sich der Bundestag hinter das Grosso-System: So wurde ku?rzlich mit Stimmen von Union und FDP eine Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verabschiedet. Damit wird dem Presse-Grosso mehr Spielraum fu?r Absprachen gegeben.

Bild: Vielfalt in Gefahr oder Wettbewerb beschränkt? Um das Grosso-System ist ein Streit entbrannt.