Bildungszentrum Neuwied Zukunft gestalten

Seit mehr als 70 Jahren ist das Bildungszentrum Neuwied zugleich Lehranstalt, Zuhause und Treffpunkt für künftige Führungskräfte im Lebensmittelhandel. Einblicke in das Studentenleben.

Dienstag, 07. September 2010 - Management
Bettina Röttig

Dienstagmorgen, 9.00 Uhr in der Neuwieder Friedrichstraße. Im Klassenraum 117 der Lebensmittelfachschule herrscht eine beinahe greifbare Anspannung. Die EDV-Klausur ist in vollem Gang. Konzentriert hacken die 19 Studenten der Klasse A09 in die Tasten ihrer Laptops. Unter ihnen sind sowohl ehemalige Bundeswehrsoldaten als auch ausgebildete Köche, Textil- und Lebensmittelhändler aus Berlin, dem Ruhrpott sowie vom Bodensee. Das Alter im Klassenraum variiert zwischen 20 und 44 Jahren. So groß die Unterschiede auf den ersten Blick scheinen mögen, alle haben eines gemeinsam: das Ziel, künftig als Führungskräfte in der Lebensmittelbranche zu arbeiten. Insgesamt elf Monate pauken sie für den Abschluss „Staatlich geprüfter Handelsbetriebswirt“, der nur in Neuwied erworben werden kann.

„Dass hier Studenten mit so unterschiedlichen beruflichen Hintergründen zusammenkommen, ist auf jeden Fall ein Vorteil, denn wir können viel voneinander lernen“, erklärt Matthias Burgdorf. Der gelernte Bankkaufmann stammt aus Sittensen, einer Kleinstadt zwischen Bremen und Hamburg. Die Begeisterung für den Handel mit Lebensmitteln wurde dem 26-Jährigen quasi in die Wiege gelegt. Bereits seit 1893 ist seine Familie in dem Geschäft tätig. In wenigen Jahren will er den Edeka-Neukauf-Markt seines Vaters übernehmen und damit die Familientradition in der vierten Generation fortführen. Das Studium zum Handelsbetriebswirt hatte ihm die Edeka Minden-Hannover im Hinblick auf die spätere Übernahme des väterlichen Betriebes geraten.

Sein Alltag in Neuwied besteht aus acht bis zehn Unterrichtsstunden täglich, Prüfungsvorbereitungen und Projektarbeit. Derzeit steckt die Klasse in den Vorbereitungen zu der Veranstaltung „Food & Fun“, die alljährlich auf dem Gelände des Bildungszentrums stattfindet. Unter dem Motto „Essen neu erleben“ wird die Truppe in Eigenregie eine VKF-Aktion im Neuwieder Supermarkt, dem Lehr- und Mustermarkt der Lebensmittelfachschule, durchführen. Nebenbei sorgen sie noch für ein buntes Besucherprogramm. In das Projekt investieren die Studenten unzählige Unterrichts- und Freizeitstunden. Zeit, an den Wochenenden nach Hause zu fahren, bleibt daher selten, erzählt Matthias Burgdorf. Wie für den Großteil seiner Kommilitonen ist das Studentenwohnheim, das im Seitentrakt des Hauptgebäudes liegt, in den vergangenen Monaten ein neues Zuhause geworden. Hier bewohnt jeder ein eigenes Zimmer. „Wenn man elf Monate mit den gleichen Leuten zusammenhockt und paukt, ist es wichtig, dass man sich auch einmal zurückziehen kann“, meint der Niedersachse. Ebenso wichtig sei jedoch der Gemeinschaftssinn. Um diesen zu fördern, wird vor allem regelmäßig Fußball gespielt. „Im Januar konnten wir beim traditionellen Fußballturnier „Neuwieder Kick“ des BZN das bislang beste Ergebnis für die Fachschule erreichen“, betont er stolz.

Während des zweisemestrigen Aufenthalts in Neuwied wachsen unter den Studenten Freundschaften und Netzwerke, die oft ein Leben lang halten, weiß Bereichsleiter Friedhelm Heers. Das kann Matthias Burgdorf bestätigen. Auch nachdem er und seine Kommilitonen am 9. Juli 2010 ihre Abschlusszeugnisse entgegengenommen haben werden, soll der Kontakt untereinander bestehen bleiben.

{tab=Bildergalerie}

Neuwieder auf Zeit: Matthias Burgdorf (u.) sammelt seit August 2009 Erfahrungen als Internatsschüler

Aus der Praxis: Bereits in den 50er Jahren wurde in voll eingerichteten Musterläden geschult. 1961 eröffnete die „Ladenstraße“ (re) – mehrere Bedienungsläden mit Verkaufsflächen zwischen 40 und 100 qm. Der heutige Neuwieder Supermarkt mit 800 qm Verkaufsfläche existiert seit 1993.

Gemeinschaft: Ihre Freizeit verbringen die angehenden Handelsbetriebswirte meist in den Gemeinschaftsräumen des Studentenwohnheims (li). Gegessen wird oft in der Mensa (mi). Wie der Warenkunde-Unterricht vor rund 40 Jahren aussah, davon zeugt noch heute der Warenprobenschrank im BZN (re).
leiter: Thorsten Fuchs.

Hohes Pensum: Im Schnitt stehen während des elfmonatigen Studiums zum Handelsbetriebswirt zwei Klausuren pro Woche an.

Gute Mischung: Studenten mit unterschiedlichem beruflichen Background kommen aus ganz Deutschland nach Neu

Bildungszentrum Neuwied

Die Bundesfachschule des Lebensmittelhandelsöffnete am 22. Oktober 1936 als „Haus für Berufsgestaltung des Lebensmittel-Einzelhandels“ (HfB) in der ehemaligen Zinzendorfschule an der Neuwieder Friedrichstraße ihre Tore. Seit 1981 ist die Bildungszentrum Neuwied GmbH Träger der Schule. Gesellschafter der GmbH sind der Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels sowie der Verein der Freunde und Förderer der Bundesfachschule des Lebensmittelhandels.

{tab=weitere Infos}

Rund 10.000 Auszubildende, Nachwuchskräfte und Kaufleute besuchenjährlich die Lebensmittelfachschule. Seit 1976 wird der Fachschulabschluss „Staatlich geprüfter Handelsbetriebswirt“ angeboten. Die zweisemestrige Weiterbildung mit staatlicher Anerkennung für angehende Führungskräfte und Selbstständige kann bis heute ausschließlich in Neuwied erworben werden.

Marketing