Impulsplatzierungen Verkaufs-Booster

Eine rückläufige Einkaufs-frequenz zwingt den Handel, die Flächenproduktivität zu steigern. Es geht darum, am PoS zusätzliche Kaufimpulse auszulösen, um auf gleicher Fläche mehr Umsatz zu erzielen.

Montag, 12. Juni 2017 - Management
Dieter Druck
Artikelbild Verkaufs-Booster
Eigendynamik: Für Oreo ist derzeit eine PoS-Installation im Einsatz, deren Inhalte sich dynamisch anpassen, je nachdem, wer vor dem Display steht.
Bildquelle: Procter & Gamble, Sensape, Maggi, Rewe Group, funny-frisch

Für Impulsplatzierungen brechen neue Zeiten an. Es geht nicht mehr darum, viel Ware auf einen Sockel zu packen und in den Markt hinein verkaufen. Die Digitalisierung am PoS schreitet voran und ermöglicht z. B. eine individualisierte Kundensprache und -einbindung. Aber da gehen die Meinungen auch auseinander. Etliche Hersteller und Händler vertreten den Standpunkt, dass der Kunde den schnellen, unkomplizierten Einkauf praktiziere und sich ungern ablenken lasse. Gleichzeitig muss auch die Marke dazu passen. Von einem Umbruch reden in diesen Tagen die Wenigsten, aber die Sinne sind geschärft, die Digitalisierung nimmt Fahrt auf und Impulse werden nicht mehr allein am PoS sondern auch viel intensiver über die Verknüpfung mit sozialen Medien geschaffen. Dabei geht es wie immer nicht um die „reine Lehre“.

Verbesserungswürdig
Die meisten Hersteller reagieren: Die Wrigley Impulsivitätsstudie offenbart ein beachtliches Potenzial im deutschen Handel. Dazu wurden in 50 Märkten über zwölf Wochen Kaufprozesse in unterschiedlichen Verkaufsformaten analysiert und verschiedene Platzierungsmöglichkeiten für den Kaugummi getestet. Das Fazit: Die Bedürfnisse des Shoppers nach convenientem Einkaufen und Inspiration an den „impulsivsten Plätzen“ ist verbesserungswürdig.

Es sei wichtig zu berücksichtigen, wo sich der Kunde im Markt befindet, denn seine Kaufeinstellung und Erwartungen änderten sich im Laufe des Shopping-Trips.

Von Eingangsbereich bis etwa zur Marktmitte seien die Kunden neugierig und besonders empfänglich für Impulskäufe. Allerdings fehlten 52 Prozent davon Einkaufswagen und -korb, um die ins Auge gefassten Produkte auch ohne Anstrengung bis zur Kasse zu transportieren. Deshalb offeriert Wrigley in diesem Bereich den Händlern ein Servicemodul für die Kaugummiplatzierung mit integrierter Korbstation für den warengruppenübergreifenden, bequemen Mehreinkauf.

In der Folge, also ab der Mitte des Einkaufs, erwarte der Kunde Einkaufsideen und Rezepte. Diese trifft er, so die Erkenntnis der Studie, in der Regel hier selten an. Deshalb wurde für den Sektor Milch und Fleisch eine Zweitplatzierung mit Kaugummi entwickelt, die gleichzeitig via Rezeptbroschüren, Info-Flyern oder Handzettel gleichzeitig den Kundenwunsch Inspiration berücksichtigt. Darüber hinaus ergeben sich dadurch echte Zusatzumsätze, denn Kaugummi steht nicht auf dem Einkaufszettel. Nicht der Bedarf, sondern die reale Verfügbarkeit löst den Griff nach der Ware aus.

Neue Produkte und neue Impulse
Mit den „naturbelassenen“ Nussprodukten der neuen Ültje-Range „Pur“ ergeben sich für Marketingleiter Oliver Krück auch neue Ansätze für Impulsplatzierungen in den Märkten. In Großbritannien bei Marks & Spencer beispielsweise findet der Kunde an acht Standorten im Markt verschiedene Nussmischungen, u. a. in der Weinabteilung, bei Obst und Gemüse als Salattopping, im Umfeld „asiatische Küche“, als Upgrade für Basismüsli, beim Mopro-Regal als Topping und am Check-out. Auch in den Niederlanden werden Nussmischungen im Müsli-Regal und vor allem im To-Go-Sortiment zweitplatziert. „Das sind verkaufsfördernde Impulsplatzierungen, die auch im deutschen Handel umsetzbar sind“, ist sich Krück sicher. Der Platz im To-go-Block werde insbesondere dem starken Trend zum gesunden Snacken gerecht. Gleiches gelte für die Präsenz von Nussprodukten an der Kasse, wobei es nicht zwingend eine Kleinpackung sein müsste. Die gesunde Kasse, wie sie Lidl in Großbritannien installiert hat, mit snackig portioniertem Obst etc., garantiert hierzulande zumindest ein Alleinstellungsmerkmal. 

Krück sieht gleichzeitig eine Tendenz im Handel zu einer hochwertigeren Optik bei Displays. Das Bild fördere den Zugriff und funktioniere auch ohne Price Offs. Ebenso positiv beurteilt er Displays mit integriertem Produktsamplings, besonders bei Innovationen. Sie heben Neuprodukte hervor und erleichtern dem Verbraucher den Zugriff. Gleichzeitig profiliere sich der Händler, weil er seinen Kunden eine kleine Aufmerksamkeit biete. Und dass sich hier jemand ungehemmt die Taschen vollstopfe, sei eher die Ausnahme.

Impulsive Einsichten  Regalsubstitution.
  • Es sind echte Zusatzumsätze, da der Kunde impulsiv Produkte aus der Zweitplatzierung kauft, die sonst nicht gekauft hätte.
  • Eine Studie von Intersnack ergab, dass aber 83 Prozent aller Zweitplatzierungen mit Plankaufartikeln belegt sind, die zu Vorratskäufen und Regalsubstitutionen führt.
  • Um Verbundeffekte besser auszuschöpfen, sollten Zweitplatzierungen zum Normalpreis an warengruppenverwandten Regalen stehen, z. B.: Getränke zu salzigen Snacks, Nüsse und Nuss- Frucht- Mischungen in der Obst- und Gemüseabteilung.
  • Zweitplatzierungen zum Normalpreis am selben Warengruppenregal verbieten sich.
  • Einzige Ausnahme sind Platzierungen mit Vorteilsartikeln, in der Aktion oderals Neuheit: Siekönnen am selben Regal stehen.

Effektiv und kostensparend
Vergleichbar ist die Einschätzung von Loacker, die im vergangenen Jahr das Selfsampling erstmals in Deutschland eingesetzt haben. In diesem Herbst startet der nationale und intensivierte Einsatz. „Das ist eine logistisch sinnvolle Lösung, um gleichzeitig vielen Läden die Möglichkeit zu bieten, die Loacker Classic Waffeln mit Verkostung zu präsentieren.“ Die Displayauslieferung könne über Zentrallager gesteuert werden, ist aber auch in der Streckenbelieferung umsetzbar. „Mit Personaleinsatz ist das flächendeckend innerhalb einer kürzeren Zeitspanne nicht möglich, weil einfach nicht so viele Werbedamen gleichzeitig verfügbar sind. Außerdem ist das Display auch eine kostengünstige Variante und für den Handel gibt es keinerlei Arbeit, denn dieses kommt fertig konfektioniert mit befüllter Schütte zur Auslieferung“, fasst Andreas Wilkening, Geschäftsführer Vertrieb Loacker Deutschland, die Vorzüge zusammen. Rund 60 Prozent Kostenvorteil gegenüber einer Verkostung mit Personal kalkuliert er. Entscheidend sei die Platzierung an einem hochfrequenten Ort im Markt, wobei sich hier verschiedene Möglichkeiten ergeben wie z. B. auf der einer Aktionsfläche, am Gondelkopf im Süßwarenumfeld, Wartebereiche bei der Bedientheke oder an der Kasse. Die Verkostungsmöglichkeit in Kombination mit unmittelbarer Warenverfügbarkeit setze starke Impulse. Darüber hinaus würden keine Hemmschwellen aufgebaut und es gebe auch keine Ausweichreaktionen, wie sie bei der direkten Kundenansprache durch Werbedamen manchmal zu registrieren sind.

Die nächste Herausforderung steht auch schon an. Wenn der Online-Handel mit Lebensmitteln expandiert, stellt sich die Frage, wie man hier die Kunden zum zusätzlichen Kauf animieren kann. Die Digitaliserung eröffnet sicherlich ganz neue Möglichkeiten individueller Angebote bzw. Empfehlungen. Schauen wir mal, was Amazon zu bieten hat.

der Konsumenten suchen in der Kassenzone vor allem Produkte, die die Bedürfnisse Genuss und Selbstbelohnung befriedigen.

Alles Gute kommt von oben. Betritt der Kunde einen bestimmten Bereich, eröffnet sich ihm durch die Content Bowl Auma 360° an der Ladendecke eine multisensorische Markenwelt mit Filmsequenzen, Musik und stimulierenden Düften. Mit der Geld-zurück-Aktion setzte Maggi zum Jahresbeginn auf die stärkste Mechanik: Promotions mit Preisvergünstigung machen 52,5 Prozent des Umsatzes aller Aktionswaren aus. Tendenz laut GfK steigend.

Interview mit Matthias Füchtner: Gelebte Praxis

Matthias Füchtner, Geschäftsführer bei Edeka Staufers, ist Realist, Praktiker und Pragmatiker, was die Kassensortimente angeht.

Als GS-1-zertifizierter Category Manager ist Matthias Füchtner, Vorstand der Konsumgenossenschaft Göppingen (Edeka Staufers), drin im Thema Sortimentsentwicklung. Auch an der Kasse ist er stets aktiv, testet und kooperiert hier mit unterschiedlichen Herstellern.

Herr Füchtner, hat sich der Status des Check-outs in den vergangenen Jahren grundlegend verändert?
Matthias Füchtner: Grundlegend hat sich aus unserer Sicht und an unseren elf Standorten hier nichts geändert: 100 Prozent Kundenfrequenz, höchste Flächenproduktivität im Markt, Markenstärke gepaart mit Impulskauf als Triebfeder, persönlicher, direkter Kundenkontakt und der letzte Eindruck vor dem Verlassen des Marktes sind nach wie vor die wesentlichen Kennzeichen der Kassenzone.

Einige Aspekte mit Veränderungspotenzial könnten doch wirken. Wie steht es mit dem Self-Check-out?
Dieses System haben wir noch nicht umgesetzt, ist auch aktuell kein Thema, tangiert uns also heute nicht.

Politiker, Verbraucherschützer und andere Organisationen propagieren medial wirksam die süßwarenfreie Kasse. Wie reagieren Sie darauf?
Wir orientieren uns an den Kunden vor Ort. Süßwaren an der Kasse sind nach unseren Erfahrungen kein vorrangiges Ärgernis für die Mehrheit. Wir verfügen über keine einzige süßwarenfreie Kasse. An den neuen Standorten haben wir seit vergangenem November Kunden-Feedback-Terminals von Honestly installiert und auch dort ist bislang noch keine Meldung dazu eingegangen.

Arbeiten Sie trotzdem an „gesunden Angeboten“ an der Kasse, z. B. Obst-Snacks etc.
Im Rahmen eines Projekts mit CFP Brands haben wir u. a. auch gefriergetrocknete Früchte in bedarfsgerechten Impulsgebinden an der Kasse getestet. Die blieben jedoch mit ihrer Drehzahl deutlich hinter anderen Artikeln zurück. Ebenso stufe ich gekühltes Fresh-Cut-Obst an der Kasse ein. Der Kunde erwartet und sucht ein solches Angebot nicht an diesem Platz.

Wäre damit das Angebot an der Kasse auch zu komplex?
Da stimme ich als Praktiker zu. Starke Marken, Schnelldreher, insbesondere Tabak- und Süßwaren, sind unverändert der Kern eines profitablen, nachfrageorientierten Kassensortimentes. Wir achten darauf, die Kasse nicht zuzustellen, sondern das Angebot zu verschlanken und klar zu strukturieren.

Das klingt sehr straight, lässt sich das in der Praxis durchhalten?
Straight ist vielleicht im Schwäbischen nicht der richtige Ausdruck. Nein, wir haben einen Rahmen der uns ausreichend Flexibilität für den einzeln Markt und individuelle Entscheidungen gewährt. Beispielsweise würden wir nicht generell Multipacks bei Süßwaren ausgrenzen und auch mehrere Varianten von drehstarken Artikeln platzieren. Das probieren und analysieren wir von Fall zu Fall.

Trial and error wie die Schwaben sagen. Aber auch die Kooperation mit Herstellern ist gelebte Kassen-Praxis. Was tut sich hier aktuell?
Ferrero, Wrigley und CFP (Mentos) sind hier aus meiner Sicht die Impulsgeber an der Kasse. Zuletzt haben wir in den neuen Märkten bei Süßwaren LEDs unter einigen Regalböden installiert, die die Ware hervorheben und den Absatz steigern. Ebenso haben wir heute beim Gros unserer Märkte ein Warenschub-System.

Hat sich in der Beziehung zu den Markenartiklern etwas geändert?
Wenn ich einen Zeitraum von zehn Jahren veranschlage, kann ich von mir aus sagen, ja. Die Zusammenarbeit oder das Category Management mit der Industrie ist zielgerichteter, professioneller und ehrlicher geworden. Es geht heute wirklich um eine umfassende, markenneutrale Sortimentsanalyse sowie Win-Win-Situationen. Wir testen zudem viel im kleinen und sind auch sehr offen für pragmatische Lösungen, hinter der nicht immer die tiefen Analysen stecken. Denn Kasse ist gelebte Praxis.

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