Superfoods Top oder Flop?

Die sozialen Medien hypen Superfoods, doch wie groß ist die Nachfrage am Supermarktregal? Der Handel folgt dem Trend, aber oft auch mit dem Blick auf nachhaltigere regionale Alternativen.

Mittwoch, 14. Juni 2017 - Management
Brigitte Oltmanns
Artikelbild Top oder Flop?
Matcha: Dieser Grüntee ist eine der ältesten Teesorten Japans. Er wird zu feinem grünem Pulver vermahlen und gilt als besonders nährstoff- und vitaminreich und antioxidativ.
Bildquelle: Getty Images, Santiago Engelhardt

Die Sorge um die eigene Gesundheit hat sich zum Megatrend entwickelt. Sie verschafft Produkten, die früher nur von Latzhosen- und Gesundheitssandalenträgern im Bio-Markt gekauft wurden, zunehmende Nachfrage seitens breiterer Bevölkerungsschichten. Davon profitieren inzwischen auch der klassische Lebensmittelhandel, die Drogeriemärkte und die Discounter. Wie zum Beispiel Josef Donsbach, Geschäftsleiter Globus Rüsselsheim-Bauschheim, bestätigt: „Wir bei Globus sind immer auf der Suche nach neuen Ernährungstrends und betrachten Superfoods als aktuell unverzichtbares Sortiment. Momentan kommen vor allem Chiasamen und Kokosöl gut an, wir zählen aber nicht nur Exoten, sondern auch heimische Gewächse wie Hagebutte, Spinat und Löwenzahn zu den Superfoods.“ In der Platzierung ist der Rüsselsheimer Markt sogar der Vorreiter innerhalb der Gruppe. Dort wird Superfoods in der Warenwelt ‚Bewusstes Leben‘ platziert zusammen mit laktosefreien, glutenfreien und veganen Produkten. Dies werde von den Kunden sehr geschätzt, denn an Superfood sind laut Donsbach insbesondere die Kunden interessiert, die auf ihre Ernährung achten und diese aufwerten möchten, weil sie sich beispielsweise vegan ernähren, viel Sport treiben oder ihrem Körper einfach etwas Gutes tun wollen. „Wir beobachten, dass diese Kunden häufig schon über ein ausgeprägtes Hintergrundwissen verfügen und unsere Mitarbeiter gezielt nach bestimmten Produkten fragen. Vielmals sind auch bereits die Artikelverpackungen mit Zusatzinformationen und Rezeptvorschlägen bedruckt.“

Ein Trend oder ...
Die Trends mitzumachen, sei ein Muss für das Unternehmen, heißt es bei Edeka-Minden. Welche derzeit neu auf den Markt drängenden Produkte sich dabei längerfristig durchsetzen können, sei allerdings nicht abzusehen. Die Platzierung erfolgt heute in der Regel zugeordnet zu den jeweiligen Sortimentsbereichen. Besonders gut läuft aus Edeka-Sicht aktuell „alles, was mit Kokos zu tun hat“. Gegenstand der Fortbildung ist das im Markt vorhandene Sortiment, auch in den sechstägigen Seminaren zum „Ernährungsservice Mitarbeiter“. Themenseiten in der Wochenwerbung und auf der Edeka-Homepage liefern den Verbrauchern Warenkundliches und viele Rezeptvorschläge. Auf der Homepage nimmt die Zentrale auch selbst Stellung zur Warengruppe: „Superfood eignet sich dafür, den täglichen Speiseplan aufzupeppen, muss jedoch nicht zwingend einen entscheidenden gesundheitlichen Nutzen haben. Es passt durchaus in den Rahmen einer ausgewogenen und bewussten Ernährung und kann diese unterstützen. Allerdings muss man nicht immer zu den teuren, exotischen Superfoods greifen. Es gibt auch viele regionale und heimische Superfood-Alternativen: Leinsamen statt Chiasamen, Holunder oder Rotkohl statt Açai oder schwarze Johannisbeeren statt Goji-Beeren.“

Produkte wie Chiasamen seien aus den Sortimenten nicht mehr wegzudenken, auch wenn der Hype um Superfoods aktuell etwas nachlasse, beobachtet Matthias Zinn, bei Tegut Einkäufer & Category Manager für Lebensmittel & Heißgetränke. Er geht schon jetzt davon aus, dass sich viele Produktkategorien dieses Sortiments etablieren und aus der Nische herauswachsen werden. Bei Tegut finden die Kunden diese Produkte in einer Blockplatzierung im Bereich der Sonderernährung. Die Top 5 der umsatzstärksten Superfoods bilden neben Chiasamen Goji-Beeren, Hanfsamen, Superfood-Mischungen für gezielte Verwendungen (z. B. Detox) und Toppings fürs Müsli.

... Doch nur ein Hype?
Zurückhaltend äußert sich Rewe-Einzelhändler Uli Budnik in Dortmund: Er hält den Trend aktuell für ziemlich überschätzt, obwohl auch in seinem 1.000 qm großen Markt einige Superfoods im Regal stehen, etwa Chia-Samen. „Ehrlich gesagt, wir stellen zwar vereinzelt eine Nachfrage fest, aber ich kann nicht behaupten, dass man uns diese Produkte aus den Händen reißt!“ Eine Zielgruppe dafür sieht er vornehmlich bei den 25– bis 45-Jährigen gesundheitsbewussten Frauen, die über eine höhere Bildung und höhere Kaufkraft verfügen. Geplant ist es, einige Superfood-Produkte nach dem Marktumbau in einer Art Gesundheitsregal zusammen mit veganen und glutenfreien Produkten zu positionieren und dann die Resonanz abzuwarten.

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Bild öffnen Matcha: Dieser Grüntee ist eine der ältesten Teesorten Japans. Er wird zu feinem grünem Pulver vermahlen und gilt als besonders nährstoff- und vitaminreich und antioxidativ.
Bild öffnen Chiasamen: Die aus Südamerika stammenden Chiasamen sind reich an Kalzium, Ballaststoffen und Omega- 3-Fettsäuren. Leinsamen hat ähnliche Eigenschaften.
Bild öffnen Açai-Beeren: Die Açai-Beere stammt meist aus Brasilien und wirkt antioxidativ. Ähnliche Eigenschaften weist aber auch die heimische Holunderbeere auf.
Bild öffnen Kakao: Kakao ist reich an Vitamin C, Spurenelementen und Magnesium. Er gilt als klassischer Stimmungsaufheller, ist kreislaufanregend und blutdrucksenkend.
Bild öffnen Goji-Beeren: Die Goji-Beere stammt meist aus China und gilt als Wundermittel gegen das Altern. Es handelt sich um die Frucht des „gemeinen Bocksdorns“, der auch bei uns wächst.
Bild öffnen Aronia-Beeren: Aronia- oder Apfelbeeren kommen ursprünglich aus Nordamerika, werden heute auch hierzulande angebaut. Sie enthalten sehr viel Vitamin C – ähnlich wie Sanddorn.
Bild öffnen Heidelbeeren: Die Heidelbeeren gehören zu den heimischen Früchten und stehen den exotischen Superfoods als Antioxidantien und Radikalen Fänger in nichts nach.
Bild öffnen Kokosöl: Kokosöl gilt als sehr bekömmlich, ist cholesterinfrei und bildet beim Erhitzen keine schädlichen Transfettsäuren. Außerdem ist es gut für Haut und Haare.
Bild öffnen Quinoa: Quinoa kommt aus Südamerika, ist glutenfrei, kalorienarm, dafür aber reich an gut verwertbaren Kohlenhydraten, Aminosäuren und hochwertigem Eiweiß.
Bild öffnen Avocado: Avocados enthalten ungesättigte Fettsäuren, Kalium und Vitamin E und gelten als Mittel gegen Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte und oxidativen Stress.
Bild öffnen Nüsse: Nüsse gelten als sehr gesund aufgrund ihres hohen Gehalts an gesunden Fettsäuren, Proteinen und Mineralien, Ballaststoffen und hochwertiger Energielieferant.