Interview mit Rainer Huber Leuchttürme auf Sicht - Interview mit Rainer Huber: Teil 3

Rainer Huber hat als Vorstandsvorsitzender der Edeka Südwest einige der wichtigsten Selbstständigen der Genossenschaft in seiner Region. Ein Gespräch über das Zusammenspiel zwischen Zentrale und Kaufleuten, Flops und Erfolgen zum 90-jährigen Bestehen der Regionalgesellschaft.

Donnerstag, 27. April 2017 - Management
Nicole Ritter
Artikelbild Leuchttürme auf Sicht - Interview mit Rainer Huber: Teil 3
Bildquelle: Martin Kämper

Was sind die Themen, die ein Hieber, Kohler oder Scheck an Sie heranträgt?
Wir sind ja Pilotregion für Lunar Einzelhandel. Das ist im Moment auch eines unserer Schwerpunktthemen. Wir gehen jetzt in den Roll-out und wollen bis 2021 unsere Märkte alle umstellen auf die neue SAP-Lösung. Das bedeutet, dass es nicht nur ein Hardware-Projekt ist, sondern es ist auch ein Reorganisationsprojekt, denn die Prozesse, die sich über Jahre entwickelt haben, teilweise mit Sonderlösungen, müssen wir genauso sicher und zuverlässig in der neuen Welt abbilden und möglichst auch noch einen Mehrwert für unsere Kaufleute generieren.

Das war jetzt die Antwort auf die Frage, was die großen Selbstständigen so an Sie herantragen …
Ja, die Technik ist da nur eine Sache. Die Inhalte, die damit verbunden sind, diskutieren wir intensiv. Warenbestellung, Zeitfenster – der Kaufmann möchte möglichst spät bestellen, wir müssen die Bestellungen aber möglichst früh haben, um disponieren und kommissionieren zu können – da müssen wir für beide Seiten die optimalen Wege finden. Wir schauen dann, wie wir die Erfahrungen unserer Leuchttürme für die Gruppe nutzbar machen können.

Wie groß kann ein einzelner Selbstständiger sein, sodass es sinnvoll ist, unter Ihrem Dach zu stehen?
Da würde ich keine Grenze einziehen. Das Unternehmen muss auf wirtschaftlich gesunden Füßen stehen, und wenn diese Basis gegeben ist, dann steht dem auch kein Wachstum entgegen.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit?
Wir haben viele schöne Projekte, eines davon ist z. B. unser Kräutertopf-Projekt, von jedem verkauften Topf nehmen wir 10 Cent und fördern damit lokale Projekte. Bis Ende 2016 waren es etwa 65, dieses Jahr sind nochmal rund 30 hinzugekommen. Und hier in der Zentrale haben wir die Cent-Spende: Da spenden Mitarbeiter die Nachkommastellen vom Auszahlungsbetrag ihres Gehalts, und wir haben ein Gremium aus Mitarbeitern und Betriebsräten, das entscheidet, welche Projekte unterstützt werden. Die Projekte werden dabei auch von den Mitarbeitern vorgeschlagen.

Welchen Bedarf, welches Potenzial sehen Sie bei Gebäuden und Technik?
Aktuell würde ich schätzen, dass man etwa 40 Prozent der Standorte jetzt anfassen muss, Standorte, die älter sind als 10 Jahre sind. Die kann man sinnvoll energetisch sanieren.

Die Edeka Südwest wird dieses Jahr 90 Jahre alt – was war der größte Flop?
Wir haben mehrere Produktionsbetriebe, da gibt es in der Produktentwicklung immer mal das eine oder andere Produkt, von dem wir überzeugt waren, das wir aber letztendlich wieder einstellen mussten, weil der Endverbraucher es nicht wollte. Das ist aber ganz normal.

Ansonsten fällt mir nur unser Engagement in Frankreich ein. Wir hatten 1996 begonnen, im Elsass Discount-Märkte unter Treff Marché zu eröffnen. Davon haben wir uns 2004 wieder zurückgezogen und das ganze Paket an einen französischen Wettbewerber verkauft.

Wir mussten lernen, dass es zwar keine Grenzkontrollen mehr gibt, aber die rechtlichen Hürden sind immer noch extrem hoch gewesen. Wir wollten zunächst von Offenburg aus liefern, Frankreich hat aber eine ganz andere Gesetzgebung. Also sind wir nach Straßburg, haben dort eine eigene Verwaltung aufgebaut, eigene Warenwirtschaft, Logistik, konnten keine Synergien schaffen, hatten hohe Strukturkosten.

Und wir haben auch gesehen, dass das Baurecht in Frankreich sehr viel restriktiver ist als bei uns, wir konnten also auch nicht entsprechend expandieren. Bei 74 Märkten haben wir dann nicht mehr die Chance gesehen, zeitnah auf die 100 zu kommen, die wir gebraucht hätten, um rentabel zu sein.

Die Fusion mit der Edeka Heddesheim war ein richtiger Schritt.

Und was war für Sie ein wirklicher Erfolg?
„Unsere Heimat – echt & gut“ gehört sicher dazu, auf die Regionalmarke können wir richtig stolz sein. Und wir sind nicht nur ein Handelsunternehmen, sondern haben eine Reihe erfolgreicher Produktionsbetriebe. Ich habe das Glück, dass ich bei diesen Entwicklungen dabei sein konnte, Zukäufe wie Schwarzwaldhof und Schwarzwaldsprudel habe ich mit begleitet, auch den Ausbau von Rheinstetten. Wichtig war auch die Fusion 2001/2002 mit der damaligen Edeka Heddesheim. Das war bestimmt der richtige Schritt.

Nicht zuletzt ist es immer wichtig, dass das Zusammenspiel funktioniert: Hamburg mit den nationalen Themen, die regionale Großhandlung und unsere erfolgreichen selbstständigen Kaufleute.

Wenn der Dreiklang gut eingeschwungen ist, werden wir auch künftig großen Erfolg haben, davon bin ich felsenfest überzeugt.