Interview mit Manfred und Jens Gebauer Instinkt und Intelligenz - Interview mit Manfred und Jens Gebauer: Teil 2

Es gibt Eigenschaften, die im Prinzip jedem, besonders aber Kaufleuten zum Erfolg verhelfen können. Sehen kann man das am Beispiel von Edeka Gebauer mit derzeit sieben Standorten und Sitz in Göppingen.

Dienstag, 14. März 2017 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild Instinkt und Intelligenz - Interview mit Manfred und Jens Gebauer: Teil 2
Bildquelle: Viktor Smidt

Inhaltsübersicht

Wollten Sie denn Kaufmann werden?
Jens Gebauer: Ja, von Anfang an. Ich bin ja im Laden groß geworden. Das war einerseits prima, der Vater war immer für mich da. Andererseits ... Ich konnte ja nix machen, was er nicht erfahren hat. Und: Klar hab ich mich nach der Schule gefragt, wie geht’s weiter. Da hatte mein Vater schon ein ziemlich erfolgreiches Unternehmen aufgebaut, die Anforderungen an die Unternehmensführung sind enorm gestiegen, also Wirtschaftsgymnasium, Studium. Und zwar Betriebswirtschaft, International Business, Sozial- und Wirtschaftswissenschaft, aber auch Philosophie und Soziologie.

Manfred Gebauer (schmunzelt): Und hilft‘s in der Wirklichkeit?
Jens Gebauer: Erst durch die praktische Arbeit haben die theoretischen Modelle aus den Studien ihre Relevanz bekommen. Auch so etwas wie eine Vision vom Unternehmen wird so machbar. Eine der größten Aufgaben aktuell ist das Personal für den Supermarkt. Wie verhalten sich Menschen? Wie kommunizieren sie? Wie sind sie zu beeinflussen? Da hilft Soziologie und Philosophie enorm. Aber der Anfang war nicht leicht. Erst ist man „nur“ der Sohn und dann auch noch ein Studierter.

Manfred Gebauer: Die Leute waren aber immer fair zu Dir.

Jens Gebauer: Stimmt. Aber man muss sich schon zusammenraufen.

Was war die erste richtige Herausforderung und Probe?
Jens Gebauer (wie aus der Pistole geschossen): Die Eröffnung von Bonlanden! Da sind wir raus aus dem Stammgebiet, rein in den Speckgürtel von Stuttgart mit starkem Wettbewerb und großen Chancen. Wir haben drei Jahre in den Standort investiert, ihn dann aber in schwarzen Zahlen gehabt. Hier habe ich zum ersten Mal viel einsetzen können, was ich gelernt und studiert hab.

Manfred Gebauer: Was denn genau?
Jens Gebauer: Na, zum Beispiel Marktforschung. Ich wollte genau wissen, was will der Kunde. Das haben wir dann gnadenlos bedient. Aber auch das moderne CI, das wir heute haben, modernes Marketing und Controlling, die gesamte IT-Infrastruktur und das Thema Personal. Ich bin übrigens nicht über die Ware ins Geschäft eingestiegen. Da hatten wir schon zu viele gute Leute (schmunzelt).

Manfred Gebauer: Aber jeder bei uns in der Führung betreut eine Warengruppe. Wir sind keine Bürohengste.

Jens Gebauer: Ich kümmere mich um Obst und Gemüse.

Was sind für Sie die wichtigsten, kommenden Herausforderungen?
Manfred Gebauer: Gutes Personal finden, ausbilden und halten. In unserer Region haben junge Menschen viele Möglichkeiten. Wir müssen uns anstrengen, sie für den Beruf im Einzelhandel zu begeistern. Dazu braucht es ein gutes Klima im Betrieb, unmotivierte Leute können wir uns nicht leisten. Wir brauchen eine gute Ausbildung. Wir müssen die Mitarbeiter an die Ware heranführen, damit sie diese aus innerer Überzeugung verkaufen.

Jens Gebauer: Herausforderungen gibt’s viele. Wir testen ja „abholen.de“. Ich bin überzeugt: Die letzte Meile wird für alle Lieferdienste von Lebensmitteln der Kosten-Knackpunkt. Wir sparen uns das und lassen abholen. Mit 30 bis 50 Kunden pro Woche in Göppingen und Bonlanden ist das noch ein Test. Wir sammeln Erfahrungen. Die Zahlen sind ganz gut. Das Wachstum ist da. Aber wir verbrennen hier noch Geld.

Manfred Gebauer: Alleine werden wir das aber nicht stemmen können. Wir brauchen da in der Edeka-Gruppe eine Lösung. Wir waren immer up to date in Sachen Technik. Aber auch wir kommen an Grenzen.

Jens Gebauer: Das wird schon. Wir werden 2017 Lunar einführen (Red.: IT-Lösung für den Edeka-Verbund). Wir sind sehr davon überzeugt, weil Lunar mehr als ein Warenwirtschaftssystem ist. Alle Prozesse werden hier gesteuert, bis auf den einzelnen Artikel können wir dann den Deckungsbeitrag berechnen (begeistert).

Wenn Gebauers so erzählen, könnte man meinen, es ging immer aufwärts. Aber nicht alles klappt. So hatte der technikverliebte Manfred Gebauer 1974 als erster Kaufmann eine Käsetheke mit Feuchtigkeitsbestäubung angeschafft. Das sorgte dann dafür, dass der Blauschimmel sich auch auf allen anderen Käsesorten verteilte. Käse und Theke wurden dann schnell entsorgt. Oder der Großputztag vor einigen Jahren in Geislingen. Da wollte ein Mitarbeiter auch die Lamellen an der Haupt-Trafostation der Stromversorgung reinigen. Dumm, dass er dafür einen Dampfstrahler einsetzte. Totaler Stromausfall in Geislingen.