Interview mit Jürgen Mäder Visionär an der Fleischtheke

Nicht allen in der Branche gefällt, was Jürgen Mäder als Geschäftsführer der Edeka Südwest Fleisch umsetzt: Er befürwortet Vegetarisches in der Fleisch-Bedienungstheke und fördert Bio-Produktion. Ein Gespräch über die Theke als Bühne für das Geschäft von morgen.

Donnerstag, 16. Februar 2017 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild Visionär an der Fleischtheke
Bildquelle: Patrick Reimann

Herr Mäder, wird es in 20 Jahren noch Fleischtheken geben so wie wir sie heute kennen?
Jürgen Mäder: Natürlich wird die Bedientheke in unseren Märkten immer ein Thema von Bedeutung bleiben. Ob die Theken in der bisherigen Form und Breite Bestand haben werden – das wird sich zeigen.

Und was kommt stattdessen?
Wir haben die Vision von Frische-Inseln, mit Wochenmarkt-Charakter, aufgebaut in einer Buffet-Form. Diese Plattformen vereinen mehrere Frische-Sortimente, von Obst und Gemüse bis zu Fisch. Das Angebot ist so, wie die Mahlzeit später auch auf dem Teller serviert wird.

Was bedeutet das denn für den Mitarbeiter an der Theke?
Der Mitarbeiter der jetzigen Fleischtheke verändert sich dabei immer mehr hin zu einem Frische-Spezialisten, der vernetzt denkt, also auch einen guten Wein zum Essen empfehlen kann.

Wenn Sie von Buffet-Form sprechen, meinen Sie dann Selbstbedienung?
Tatsächlich wird es vieles zubereitet und vorverpackt geben. Aber statt von SB spreche ich lieber von spielerischem Verkauf, von anbieten, unterstützen, empfehlen. Außerdem gibt es Interaktion auf diesen Frische-Plattformen: Man kann ein Steak braten und vor Ort zum Verzehr anbieten, Fisch räuchern und Obst aufschneiden, außerdem ein Dessert anbieten. Wir haben dabei das Bild einer „Bühne für die Frische“ vor Augen, die von dem Mitarbeiter als Verkaufstalent bespielt wird.

Jürgen Mäder

Seit 2000, dem Jahr, in dem die BSE-Krise die Branche durchschüttelte, ist Jürgen Mäder Geschäftsführer der Edeka Südwest Fleisch. Seitdem nimmt er auch Einfluss auf Aufzucht und Mast. So arbeiten heute beispielsweise zwei Tierschutzbeauftragte in seinem Unternehmen. Das Hauptgeschäft sieht der gelernte Fleischermeister und Betriebswirt in den Bedienungstheken des Handels. Seit 2010 unterstützt er den LP-Branchenwettbewerb „Fleisch-Star“ aktiv als Juror.

Diese Verkaufstalente sind aber rar, mindestens so rar wie die jetzigen Metzger-Azubis.
Stimmt, es gestaltet sich sehr schwierig, gute Mitarbeiter zu bekommen. Wir als Edeka Südwest Fleisch gehen das Thema offensiv an und qualifizieren über alle Prozess-Stufen hinweg unsere Mitarbeiter. Aber ganz klar: Im Handel ist fehlendes Fachpersonal aktuell das größte Problem an den Theken – und das müssen wir gemeinsam lösen.

Was kann der Handel tun, um das Problem in den Griff zu bekommen?
Eine interessante Ausbildung bieten, ansprechende Weiterbildungen, Perspektiven aufzeigen. Gute Bezahlung alleine reicht nicht aus. Die jungen Leute müssen sich im Unternehmen wohlfühlen, man muss ihnen Freiräume bieten und Lob und Anerkennung geben.

Ist es denn für Sie einfacher, Azubis fürs Fleischwerk zu finden?
Das muss man sich hart erarbeiten. Wir haben mehr als 40 Auszubildende permanent in der Ausbildung. Für den Ausbildungsberuf Fachkraft für Lebensmitteltechnik fällt es uns leichter als für den Beruf des Metzgers, da müssen wir auch strampeln. Erschwerend kommt hinzu, dass hier im Großraum Karlsruhe quasi Vollbeschäftigung herrscht.