Recht Frischekur für Mutterschutz

Das Mutterschutzgesetz von 1952 soll modernisiert werden. Was für Arbeitgeber besonders wichtig ist, dazu Rechtsanwältin Jessica Blattner.

Mittwoch, 21. September 2016 - Management
Susanne Klopsch
Zur Person

Dr. Jessica Blattner ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland. Sie berät nationale und internationale Unternehmen in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts sowie des Dienstvertragsrechts.

Es ist ein bisschen in die Jahre gekommen, das Mutterschutzgesetz von 1952. Am 4. Mai beschloss das Bundeskabinett daher einen umfassenden Gesetzesentwurf zur Neuregelung. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden und zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.

Was wird sich ändern?
Die Neuregelung des Mutterschutzrechts sieht vor, dass sich die Schutzfrist nach der Geburt eines Kindes von acht auf zwölf Wochen erhöht, wenn vor Ablauf der acht Wochen bei dem Kind eine Behinderung ärztlich festgestellt wird.

Zudem soll der Kündigungsschutz für (werdende) Mütter ausgeweitet werden. Eine Frau, die nach der 12. Woche eine Tot- oder Fehlgeburt erleidet, ist dann so lange vor einer Kündigung geschützt, wie sie es wäre, wenn sie ein lebendes Kind zur Welt gebracht hätte. Der Kündigungsschutz würde auch für Vorbereitungsmaßnahmen, beispielsweise eine Betriebsratsanhörung oder eventuell sogar ein Personalgespräch, gelten.

Der Anwendungsbereich des Gesetzes soll auf Studentinnen, Schülerinnen und Praktikantinnen erweitert werden, die bislang kein Recht auf Mutterschutz haben. Nachtarbeit bis 22 Uhr sowie die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sollen möglich sein, wenn die Schwangere sich ausdrücklich hierzu bereit erklärt.

Der neue Gesetzesentwurf sieht zudem erstmalig vor, dass beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ein Ausschuss für den Mutterschutz eingerichtet wird, an den sich Unternehmen wenden können.

Worauf sollten Unternehmen achten?
Arbeitgeber müssen weiterhin nach Kenntnis der Schwangerschaft diese beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt anzeigen und eine konkrete Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz der werdenden Mutter erstellen. Neu ist, dass die schwangere Frau nur dann weiterhin auf ihrem Arbeitsplatz beschäftigt werden darf, wenn diese Beurteilung abgeschlossen und eventuelle Schutzmaßnahmen festgelegt sind. Dies kann eine wochenlange Freistellung zur Folge haben.

Die Reform sieht zudem vor, dass jeder Arbeitsplatz präventiv auf die Gefährdungen zu beurteilen ist, denen eine schwangere oder stillende Frau ausgesetzt sein könnte. Das Ergebnis hat der Arbeitgeber zu dokumentieren und alle Personen – auch männliche Mitarbeiter –, die bei ihm beschäftigt sind, hierüber und über den Bedarf an Schutzmaßnahmen zu informieren.

Da nach dem Entwurf jegliche getaktete Arbeit mit jeder Art von vorgeschriebenem Arbeitstempo untersagt ist, müssen Arbeitgeber insbesondere in der Produktion umdenken, die werdende Mütter bislang nach Bekanntgabe der Schwangerschaft an Arbeitsplätzen mit langsamerem Tempo eingesetzt haben.

Unternehmen sollen ihre schwangeren Mitarbeiterinnen nicht mehr leichtfertig von der Arbeit ausschließen. Ist die Tätigkeit problematisch, muss zunächst eine Umgestaltung beziehungsweise ein Wechsel des Arbeitsplatzes erwogen werden.

Erst im letzten Schritt ist von einem vorgezogenen Beschäftigungsverbot Gebrauch zu machen. Aufgrund der Lockerung von Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit können Schwangere und junge Mütter künftig flexibler eingesetzt werden.