Energiemanagement Putzen Sie sich reich!

Kühlanlagen sind im Lebensmittel-Einzelhandel ein großer Kostenblock. Oft wird übersehen, dass auch die Sauberkeit doppelt Geld bringt: Sie minimiert Kosten und Haftungsrisiken.

Mittwoch, 21. September 2016 - Management
Nicole Ritter
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Bildquelle: Stefan Mugrauer

Was hat Putzen mit Energiesparen zu tun? Auf den ersten Blick rein gar nichts. Die Putzkolonne kostet Geld und häufig auch Nerven. Aber sie spart an unerwarteten Stellen Geld. Blitzblanke Kühlanlagen benötigen deutlich weniger Energie als verschmutzte – Sparpotenzial, das oft übersehen wird. Zudem erfüllen saubere Kühlanlagen ihren Zweck zuverlässiger als verschmutzte, denn sie kühlen, was das Zeug hält. Wenn die Kälte stimmt, beschwert sich auch kein Kunde. Wo sich keiner beschwert, vermeidet der Einzelhändler Haftungsrisiken.

„Kein Thema bewegt die Energiemanager des Handels mehr als die steigenden staatlichen Abgaben auf elektrischen Strom. Denn im Gegensatz zu den meisten privaten Haushalten entfällt mit 84 Prozent im Food-Handel der weitaus größte Teil des Energieverbrauches auf Strom“, sagt Benjamin Chini, Projektleiter des Energiemanagement des EHI Retail Institutes. Er geht davon aus, dass die Energiekosten in den kommenden Jahren aufgrund der steigenden Umlagen deutlich ansteigen. Laut „Energie-Monitor 2015“ des EHI Retail Institutes entfallen 45 Prozent des Stromverbrauchs im Lebensmittel-Einzelhandel auf die Kühlung. Den Energieverbrauch der Kühlanlagen zu optimieren ist daher ein probates Mittel, Kosten zu senken.

Die seit Jahren steigenden Strompreise beklagt auch der Handelsverband Deutschland (HDE): Sie gefährdeten Jobs und lösten Krisen aus. Jeder fünfte Händler sehe dadurch Arbeitsplätze bedroht, sagt Lars Reimann, Referatsleiter des HDE für Energiepolitik: „Die reinen Stromkosten machen nur noch ein Drittel der Gesamtkosten aus. Immer neue Umlagen und Steuern sowie die Industrieprivilegien sorgen aber dafür, dass der Einzelhandel trotz gefallener Großhandelspreise immer mehr Geld für Strom aufwenden muss.“

Klimagipfel im Kleinen
Einige Reinigungsdienstleister haben das Thema aufgegriffen, denn die Sauberkeit der Kühlanlagen ist ein Klimagipfel im Kleinen. „Wir haben in vielen Messungen festgestellt, dass der Stromverbrauch ungereinigter Kühlmöbel um gut 4 Prozent höher liegt als bei gereinigten Anlagen. Das liegt meist daran, dass die Funktionsweise durch verstopfte Luftleitwaben oder Rohrleitungen beeinträchtigt wird“, erklärt Sebastian Lebküchner von der Jay Cool GmbH. In seinem Katalog präsentiert das Unternehmen denn auch TÜV-geprüfte Messwerte, die die Energieeinsparung belegen, und konstatiert: „Reinigung = Gewinn“. Es ist natürlich plausibel, dass umso mehr Energie aufgewendet wird, je mehr irgendwelche Verschmutzungen die Luftströmung behindern. Das verdeutlicht allein schon der Lärmpegel, der bei jedem Einschalten der Kompressoren und Lüfter steigt. Ist die Anlage vereist, gibt es häufiger Lärm.

Produktsicherheit wahren
Hinzu kommt eine reelle Gefahr für die Produktsicherheit. Wenn die Kühlung nicht funktioniert, können sich die Kühlwaren erwärmen. Für den Lebensmittelhandel aber ist die Einhaltung der Temperaturvorgaben unabdingbar. Die auf der Verpackung vorgegebene Temperatur ist ja die Grundlage für das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Ein Schweinekotelett, das bei plus 3 Grad C gelagert werden soll, hat bei plus 6 Grad C nicht mehr die ausgelobte Stabilität. Das Fleisch wird möglicherweise vor Ablauf des MHD schmierig, beginnt zu riechen, wird sauer oder grün. Verkauf ab dato verboten! Mit Glück akzeptiert der Hersteller eine Reklamation wegen zu frühen Verderbs, ohne nach der Lagertemperatur zu fragen. Andernfalls kann das Kotelett nur weggeworfen werden. Das bedeutet wieder Kosten. Anders herum können korrekt gelagerte Kühlwaren oft noch über das MHD hinaus verkauft werden, da die Produzenten bei der MHD-Angabe auf Nummer sicher gehen und die Haltbarkeit nicht bis zum Letzten ausreizen.

Wer sich seiner Lagertemperaturen allerdings nicht sicher ist, sollte den Haftungsübergang nach MHD-Ablauf nicht riskieren. Nicht umsonst nennt man die Lagerung bei erhöhten Temperaturen im Laborjargon „bebrüten“. Dass Gedeih und Verderb hier so unmittelbar zusammenhängen, liegt an den Keimen auf und in den Lebensmitteln. Bakterien auf dem Fleisch vermehren sich temperaturabhängig – je angenehmer, desto besser. Bereits wenige Grad C mehr genügen, um die Vermehrungsgeschwindigkeit zu beschleunigen. Die Hersteller ermitteln durch aufwendige Laborversuche, wie lange ihr Produkt bei einer bestimmten Temperatur gelagert werden kann, bevor es verdirbt. Bei erhöhter Lagertemperatur und schnellerem Bakterienwachstum stimmt naturgemäß das ermittelte MHD nicht mehr.

Jürgen Baumann, ehemals Polizist beim Karlsruher Wirtschaftskontrolldienst, hat tausende Kontrollen im Lebensmittelbereich durchgeführt. Er sagt: „Eine normale Sauberkeit in TK-Truhen ist grundsätzlich im Sinne des Unternehmers. Einen kritischen Punkt sehe ich aber in den „Fremdunternehmen“, die die Truhen befüllen. Hier ist eine klare vertragliche Regelung notwendig, insbesondere bezüglich der Produktlagerung, Beschädigung, nachteiliger Beeinflussung durch Schmutz etwa beim Transport. Und natürlich hat der Unternehmer grundsätzlich die Eigenkontrollmaßnahmen durchzuführen.“

Neben der regelmäßigen Reinigung der Kühlanlagen ist die Kontrolle eines der wichtigsten Vorsorgeprogramme im Rahmen der Guten Hygienepraxis (GHP). Eine Grundreinigung mindestens einmal pro Jahr empfehlen auch die Hersteller der Anlagen. Denn last but not least ist Sauberkeit ja auch ein Garant für die Laufleistung der Anlage insgesamt.

Energie-Verbrauch

wichtige Faktoren Ist von Klimaschutz die Rede, so gerät der Energieverbrauch sehr schnell in den Blick. Besonders im Food-Bereich ist der Stromverbrauch eine entscheidende Größe: 84 Prozent des Energieverbrauchs entfallen auf elektrischen Strom, ermittelte das EHI Retail Institute in seiner Studie Energie- Monitor 2015. Mit 45 Prozent ist die Kühlung der größte Stromverbraucher. Um Energieverluste zu minimieren, braucht es nicht nur entsprechende Geräte und einen soliden Umgang damit, auch die genaue Betrachtung der Prozesse ist sinnvoll. CO2-Fühler, Temperatur- Fühler, Frequenz - umformer: Auch in bestehenden Gebäuden kann es sinnvoll sein, die energetischen Prozesse genau zu betrachten. Sind Heizung, Klima- und Lüftungsanlagen nicht genau aufeinander abgestimmt, laufen sie im schlechtesten Fall gegeneinander und verbrauchen zu viel Energie. Auch in bestehenden Gebäuden kann es deshalb sinnvoll sein, ein systematisches Energie- Monitoring zu installieren – und dieses dann auch, wie im Beispiel der Edekaner Lechertshuber & Wimmer, detailliert mit den Mitarbeitern zu besprechen.