Round Table Getränke Mehrweg: Flasche leer? - Round Table Getränke: Teil 3

Die schwindende Bedeutung von Mehrweg, Chaos durch immer neue Individualgebinde und ideologische Streitereien um die angeblich beste Ökobilanz: Der Gebindemarkt ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema. Höchste Zeit also für die Lebensmittel Praxis, Vertreter von Industrie und Handel zum klärenden Gespräch nach Neuwied zu bitten.

Donnerstag, 23. Juni 2016 - Management
Tobias Dünnebacke und Susanne Klopsch
Bildquelle: Carsten Hoppen

Die grosse Frage ist: Wer bezahlt diesen Aufwand?
Michael Glück: Ich prophezeie: Wenn wir das machen sollen, wird es eine radikale Umstellung im Sortiment geben, mit einer klaren Einweg-Ausrichtung. Wir wollen keine Verhältnisse wie in Bayern, wo jede Brauerei ein eigenes Gebinde hat.

Karl Tack: Wenn sie auf die mittelständischen Brauereien ansprechen, muss ich widersprechen. Dort gibt es im Großen und Ganzen Poolflaschen. Das Problem sind eher die Großkonzerne, die ihre Qualität nach außen zeigen wollen und individuelle ‧Gebinde in den Markt bringen und das Leergut damit durchmischen. Der Getränkefachgroßhandel ist zwar auf das Sortieren spezialisiert, aber er will den Aufwand natürlich entschädigt haben. Letztlich ist das ganze auch ein Preisproblem. Wenn die Brauer 2 Euro mehr für die Kiste bekämen, wäre das kein Problem. Auf dem derzeitigen Niveau, mit bis zu 80 Prozent in der Aktion, ist das natürlich schwierig.

Wolfgang Hinkel: Die Sortierung pro Kiste kostet rund 1 Euro. Wenn man das von den aktuellen Aktionspreisen abzieht, bleibt kaum noch was übrig.

Dem Kunden ist die ideologische Debatte egal. Den interessiert es nicht, ob die Flasche geschreddert wird oder durchläuft.
Michael Glück, Rewe-Händler

Ein klassisches Trittbrettfahrer-Problem. Wer zuerst zuckt, hat verloren?
Heiner Bevers: Der Handel sagt, verursacht haben es die Abfüller, also bitte löst das. Der Getränkefachhandel sagt: Ich könnte es machen, aber ihr drückt sowieso die ganze Zeit auf meine Marge. Es fehlt die Bereitschaft zu sagen, wir arbeiten jetzt gemeinsam an einer ‧Lösung.

Marcus Macioszek: Der Handel kann selbst über die Komplexität entscheiden. Will er nur das GDB-Gebinde? Das Schöne ist doch aber der dynamische Wettbewerb, insbesondere im Wertschöpfungssegment. Komplexität bedeutet auch Entwicklung und Fortschritt. Nicht alles in der Getränkeindustrie ist ja innovativ, aber aus Konsumentenperspektive ist die Gebindevielfalt durchaus positiv.

Dieter Klenk: Richtig. Das zeigt auch der Biermarkt. Seit 30 Jahren haben wir hier Einheitsbiere. Jetzt kommen über Craft-Bier neue Produktentwicklungen. Diese wird es auch in Zukunft nicht in der 20er-Kiste geben. Auch hier wird die Gebindevielfalt zunehmen, wird es mehr Individualflaschen geben. Für den Verbraucher ist das gut. Wir haben bei der Vielfalt großen Nachholbedarf. Nur muss es dann auch dringend eine Einigung bei der Sortierung geben.

Jedes Gebinde hat seine Funktion, auch kastengebundene Mehrwegsysteme.
Marcus Macioszek, Gerolsteiner

Karl Tack: Und zwar bald, denn es werden Vermögen vernichtet.

Wolfgang Hinkel: Aus meiner Sicht kann das nur über den Preis gehen. Wenn weder der Handel noch die Industrie bereit ist, die Sortier- und Transportkosten zu tragen, dann geht es zu Lasten des Konsumenten.

Michael Glück: Und wer erklärt das jetzt zum Beispiel Bitburger und vor ‧allem den Kunden?

Heiner Bevers: Die Hersteller sind hier doch Täter und Opfer ‧zugleich.

Marcus Macioszek: Ich habe ein Problem mit solchen Begriffen. Wir haben einen freien Wettbewerb und wollen den Konsumenten die besten Produkte bieten. Wir wollen Wertschöpfung schaffen, für uns und unsere Handelspartner.

Wie wird sich der ‧Gebindemarkt in ‧zukunft entwickeln?
Karl Tack: Die Gebindevielfalt wird zunehmen und den Getränkemarkt beleben. Mehrweg wird im Bereich Glas in Kombination mit Wasser stabil bleiben.

Wolfgang Hinkel: Persönlich wünsche ich mir, dass wir mehr über Wertstoffkreisläufe sprechen und die Bedeutung hervorheben. Die ideologischen Grabenkämpfe zwischen Ein- und Mehrweg brauchen wir nicht mehr.

Dieter Klenk: Der Verbraucher kann sich auch in Zukunft über eine Vielfalt an Produkten freuen. Bei Bier glaube ich an eine stabile Mehrwegquote gerade durch die regionalen Betriebe.