Ladenumbau Drei Beispiele

Neubauen kann – fast – jeder. Die wahre Herausforderung ist der Umbau eines Supermarktes im laufenden Betrieb. Bei rund 38.000 Lebensmittelgeschäften in Deutschland und einem durchschnittlichen Renovierungszyklus von 8,6 Jahren wird die Dimension der Maßnahmen zur Modernisierung eines Geschäftes deutlich.

Donnerstag, 02. Juni 2016 - Management
Reiner Mihr, Heidrun Mittler
Artikelbild Drei Beispiele
Das Rewe-ci soll schon klar erkennbar sein, aber eben mit der Variante, die Rewe Glück ausmacht.
Bildquelle: Martin Hangen
Edeka Stadler und Honner

Ungererstraße, München

Unfall geschickt nutzen
Wenn schon, denn schon – so lautete die Devise bei Stadler und Honner in München. Wegen eines Rohrbruchs mussten alle Frischetheken ausgetauscht werden. Ist das in vier Tagen zu schaffen?

Majestix, der Mitstreiter von Asterix und Obelix, hatte Zeit seines Lebens Angst, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Die Mitarbeiter bei Stadler und Honner hatten wohl eher andere Sorgen – und dann stürzte an einem Montagmorgen im Februar tatsächlich die Decke herab. Ursache war ein Wasserrohrbruch, an zwei Stellen war Wasser in die Deckenverkleidung über der Fleisch- und Wursttheke getropft. Als sich der Gips mit Wasser vollgesogen hatte, stürzte ein Teil der Platten herunter. Zwei Mitarbeiter wurden leicht verletzt.

„Dass die Decke runterkommt, damit hätten wir in 100 Jahren nicht gerechnet“, sagt Stephan Stadler, der gemeinsam mit seinem Cousin Hans-Jürgen Honner und dessen Sohn Daniel das Unternehmen mit insgesamt acht Märkten führt. Auf den Schreck folgte die Erleichterung, dass die Mitarbeiter nicht ernsthaft verletzt waren. Und der Entschluss, dass es mit Reparaturarbeiten allein nicht getan sei.

Nach dem Wasserrohrbruch lautete das Motto: „Wenn schon, denn schon.“ Der gesamte Thekenbereich wurde komplett neu gestaltet. Decke und Rückwand wurden erneuert, und da zwangsläufig alle Oberflächen abgeschlagen waren, hatten die Handwerker freie Bahn, um Elektrokabel und Kältezuleitungen neu zu verlegen. Alle Thekenmöbel wurden ausgetauscht, dabei haben sich die Unternehmer jetzt für den Lieferanten Berner Ladenbau entschieden.

Der Clou des neuen Thekenbereichs: In die Rückwand sind Kühlschränke eingemauert, das sorgt für ein ruhiges, einheitliches Erscheinungsbild. Das frühere Design ist einem noblem Grau gewichen, das gut mit den Bodenfliesen harmoniert. Glasscheiben mit rechtwinkligen Kanten ermöglichen einen ungestörten Blick auf die Ware, die klare geometrische Form setzt sich in der rückwärtigen Kühlung fort. Lediglich die früheren Waagen und Aufschnittmaschinen sind wieder im Einsatz.

Die Münchner haben Unterstützung von der Bauabteilung der regionalen Edeka-Zentrale bekommen. Ein Bauleiter hat die Planung in die Hand genommen, die einzelnen Schritte koordiniert und überwacht.

Gemeinsam wurde entschieden, den Umbau bei laufendem Betrieb zu realisieren. Klar, dass die Zeitspanne möglichst kurz sein sollte, in der Mitarbeiter und Kunden vom Sägen, Hämmern und Klopfen belästigt werden. Und tatsächlich: In einer „rekordverdächtigen Zeit“, so Stephan Stadler, haben insgesamt 25 Handwerker den Umbau der Frische-Abteilung erledigt. Samstagabends um 20 Uhr (dann ist in Bayern Ladenschluss) wurde die Ware aus den „alten“ Theken ausgeräumt und umgelagert – kein Problem, man hat ja noch sieben weitere Märkte zur Auswahl. Gleichzeitig wurden die Möbel abmontiert. Noch am Wochenende haben die Schreiner vor dem Servicebereich eine Staubschutzwand, bestehend aus einem Holzrahmen und einer Folie als Überzug, eingezogen, damit der Schmutz sich nicht überall im Markt verteilen sollte.

In der folgenden Woche wurde es dann zwar laut im Markt, aber der Verkauf auf der restlichen Fläche ging unbeeinflusst weiter. Zum Glück hat der Bauleiter den Überblick behalten und die Arbeiten koordiniert, erinnert sich Stephan Stadler. Die Thekenmitarbeiter legten zwei sehr späte Schichten ein, um die Ware aus- und später wieder einzuräumen. Dafür hatten sie zwischendrin dann drei Tage lang frei.

Fakten
  • Wasserrohrbruch als Initialzündung
  • gesamte Thekenbereich komplett neu gestaltet
  • Alle Thekenmöbel ausgetauscht
  • harmonisches nobles Grau herrscht vor
  • Umbauzeit nur vier Tage
  • Rewe Glück
  • Westerwaldstraße, Rengsdorf

Rewe Glück

Westerwaldstraße, Rengsdorf

Mehr Aktionsfläche bespielen
Neue Ideen, zersplitterte Aktionsfläche, unzufrieden mit der Lage der Kassen: So fing es an bei Rewe-Kaufmann Michael Glück. Der Umbau auf bestehender Fläche wurde dann noch etwas umfangreicher.

„Jeder Kaufmann holt sich doch Ideen aus anderen Märkten“, Michael Glück bezieht sich da vor allem auf die zweimal jährlich stattfindenden MLF-Tagungen (Mittelständische Lebensmittel-Filialbetriebe), wo ein gastgebender Händler stets seine Märkte präsentiert. Die Inspirationen hieraus konnte Glück nicht auf bestehender Fläche realisieren. Außerdem war er unzufrieden mit seiner Aktionsfläche, der Lage der Kassen und dem Kundenlauf. Bei seinen Überlegungen kam schnell eins zum anderen. Und letztlich hat er seine Fläche weitgehend umsortiert, eine einheitliche Aktionsfläche geschaffen, die Kassen versetzt, die Getränkeabteilung verschoben und die Sortimente auf den Prüfstand gestellt. Das ging bis zur Überprüfung der Bestellungen, der Stellflächen, der Bestellzyklen. „Im Grunde habe ich mich komplett neuorientiert“, sagt der Kaufmann.

Ohne externe Hilfe hätte Glück sich nicht daran gewagt. „Sie brauchen einfach jemanden mit Ladenbauerfahrung, der von außen reinschaut.“ Am besten sei der frei von Vorgaben oder Lieferanten. Eigene und externe Ideen müsse man dann zusammenbringen.

Jetzt hat Glück seine Kassen nicht mehr direkt am Eingang, sie wurden in die Getränkeabteilung versetzt. Das Getränkesortiment wurde deutlich optimiert, das Hauptsortiment anhand der Kundengewohnheiten wenig verändert, es gibt nun mehr Platz hinter den Kassen und eine größere Fläche für Aktionen. Dort wo früher die Kassen standen, werden die Kunden jetzt mit frischen Blumen empfangen, eine Floristin kümmert sich um die Abteilung. Insgesamt wurde die Kundenführung verbessert.

Dies geschah auch durch eine neue Farbgebung. „Das Rewe-CI soll schon klar erkennbar sein, aber eben mit der Variante, die Rewe Glück ausmacht.“ Dafür hat er auch in LED investiert. Das würde sich aber sehr schnell amortisieren.

Sein Rat für Umbauwillige: Frühzeitig über elektrische Leitungen nachdenken, die Vorstufe bei den Planungen einbeziehen, Rat bei erfahrenen Kollegen einholen, Individuelles einbringen. Es sei auch von Vorteil, schon in der Planungsphase Varianten durchzuspielen. Außerdem legt Glück Wert darauf, mit Handwerkern am Ort zu arbeiten. „Schließlich sind das auch meine Kunden.“ Und ihm ist wichtig: „Schnell bezahlen. Wenn ich den Handwerker später brauche, muss er auch schnell da sein.“

Für die Planung hat Glück rund ein Jahr veranschlagt, der reine Umbau brauchte bei vollem Betrieb etwa vier Wochen. Jetzt soll erst mal Ruhe sein, schließlich will Glück Kunden und Mitarbeiter nicht überfordern. Obwohl.: „Ein Gastroangebot fehlt mir noch. Das Gebäude gibt dafür – außer Café beim Bäcker – nichts her. Darüber denke ich dann doch schon mal nach.“

Fakten
  • Neue Ideen sollten umgesetzt werden
  • Eine einheitliche, größere Aktionsfläche musste her
  • Dazu: Optimierung der Sortimente

Edeka Hellwig

In der Lache, Besse

Platz für neues schaffen
Gründe für einen Umbau sind häufig Erweiterungen des bestehenden Marktes. Die früher ausreichende Fläche wird im Lauf der Zeit zu klein. So kann der Markt bei Vergrößerung neu gestaltet werden.

Für Edeka-Kaufmann Florian Hellwig liegt die „gesunde“ Größe eines Supermarktes irgendwo zwischen 2.000 und 3.000 qm. Sein Markt – 2007 im nordhessischen Edermünde-Besse eröffnet – kam so gerade ran, knapp über 2.000 qm. Dabei hatte er die Getränke im Markt, das Drogeriesortiment war übersichtlich. „Die ersten Überlegungen hab ich während der Schlecker-Pleite gemacht“, sagt Hellwig. Er wollte – genau wie seine Regionalgesellschaft, die Edeka Hessenring in Melsungen – nicht zuschauen, wie Rossmann und dm in der Region zweistellig wachsen. „Wir haben unser Drogeriesortiment nicht so perfekt rübergebracht wie die beiden – breit und übersichtlich.“ Da wollte er ran.

Außerdem war ihm schon länger die Getränkeabteilung zu klein geworden, die große Sortimentsvielfalt, Ein- und Mehrweg, waren hier nicht mehr darstellbar. Und schließlich gab es zuletzt einige Sortimentsveränderungen, wie der Trend zum Dry-aged-Beef, die Aufbackstation im Markt, veganes und Bio-Sortiment oder auch die Neulistung von Alnatura. Damit war klar: Eine Erweiterung und Neuorganisation des kompletten Geschäfts musste her.

Hellwig stemmte einen 800-qm-Anbau für die Getränkeabteilung, Riesensortiment, modernste Abwicklung der Leergutrücknahme, drei Kassen. Damit schuf er Platz für rund 600 qm Drogerieabteilung. Zuerst wurde der Anbau realisiert, dann ging es an die Umorganisation des gesamten Marktes: Umbau Fleischabteilung (jetzt mit Dry-aged-Beef), neue Kassen (jetzt fünf statt vier) wurden an neuer Stelle installiert, die Obst und Gemüseabteilung erweitert, die Backstation gebaut, das Drogeriesortiment ausgewählt und platziert. Seine insgesamt nun acht Kassen sind auf kontaktloses Zahlen vorbereitet, die lokale Sparkasse forciert ein entsprechendes Projekt. Die Beleuchtung ist komplett auf LED umgestellt. Dabei wurde auch ein wenig in Deko investiert. Deckenhänger trennen die Abteilungen deutlicher voneinander ab, eine durchgehende Holzverkleidung in allen Abteilungen sorgt für warme Wohlfühlatmosphäre.

„Den Getränkemarkt haben wir Anfang Dezember 2015 eröffnet, gleichzeitig war die Fleischabteilung neu. Ab Mitte Januar folgte dann der Rest in nur drei Wochen.“ Florian Hellwig ist jetzt noch stolz auf diese Energieleistung. Er sagt: „Genaue Planung bis wirklich in jedes Detail ist entscheidend.“ Wichtig war für ihn auch, dass alle Beteiligten Hand in Hand gearbeitet haben. Beim Kosmetiksortiment zum Beispiel wurden Kundenfragen gesammelt, die zuständigen Mitarbeiter und Marktleiter einbezogen, der Vertrieb habe das Sortiment dann gespiegelt, ein Dienstleister verräumte die Ware.

Die Kunden haben die Umbauphase akzeptiert, auch wenn mal Gänge vollgestellt waren, Ware umgeräumt wurde, gehämmert und gebohrt wurde. „Neuorientieren muss der Kunde sich allerdings nach dem Umbau schon. Aber da muss er durch.“

Jetzt fühlt sich Hellwig mit seiner Marktgröße von knapp unter 3.000 qm rundherum wohl. Sein Sortiment umfasst nun rund 40.000 Artikel. Seine bisherigen Pluspunkte (großer Parkplatz, breite Parkbuchten, Sortiment, Standort, Kundenorientierung) hat er durch vergrößertes Sortiment, superschnelle Leergutabwicklung und mehr Atmosphäre im Markt ausgebaut. Der Stellenwert bei den Kunden im kleinen Edermünde-Besse und den umliegenden Ortschaften hat er deutlich gefestigt und ausgebaut. Kein Wunder, dass seine Umsatzergebnisse deutlich über denen aller Prognosen im Vorfeld der Eröffnung liegen.

Fakten
  • Edeka Hellwig In der Lache Besse
  • Ziel war der Ausbau des Drogerie- und Getränkesortiments
  • 800 qm Verkaufsfläche für Getränke wurden angebaut
  • Die frühere Getränkefläche wird jetzt komplett von Drogerieware belegt
  • Sortimente neu strukturiert

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Lieber einmal und dafür richtig Dreck, als öfter kleine Baustellen im Markt
Bild öffnen Das Rewe-ci soll schon klar erkennbar sein, aber eben mit der Variante, die Rewe Glück ausmacht.
Bild öffnen Neu orientieren muss sich der Kunde nach dem Umbau allerdings schon. Aber da muss er durch.