Nachhaltigkeit „Die wichtigste Entscheidung ist, was wir alles nicht machen“ - Seite 3

Die Basic AG macht in ihren Bio-Supermärkten vor, wie der Handel Verbrauchern Nachhaltigkeitsbotschaften eindrücklich vermitteln kann. Auf welche Themen sich die Münchner fokussieren und warum sie sich der Expansionseuphorie der Wettbewerber nicht anschließen, erklärte Vorstandschef Stephan Paulke.

Freitag, 09. Oktober 2015 - Management
Bettina Röttig
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In Bezug auf die Filialexpansion sind Sie bisher nach dem Motto „Qualität vor Quantität“ vorgegangen. Die Wettbewerber geben jedoch richtig Gas. Setzt Sie das unter Druck?

Ganz und gar nicht. Ich war aber auch noch nie gut im Angst haben. Was wir gerade erleben, ist eine Expansionseuphorie, die meiner Meinung nach im Einzelfall noch zu Wachstumsschmerzen führen wird. Aber die Wettbewerber haben natürlich andere Strukturen. Wir schauen auf uns. Neue Standorte zu finden, ist für uns ein wichtiges Thema. Das Ziel ist unverändert: zwischen null und fünf neuen Filialen pro Jahr. Wir führen in unseren Märkten 12.000 Artikel, sind damit der größte Bio-Vollsortimenter, haben viel höhere Investitionen in unsere Läden als der Wettbewerb. Wir müssen daher wählerischer sein als andere in Bezug auf die Standorte. Sie können sich die Suche so vorstellen wie die Jagd auf einen Zwölfender. Es gibt nur ganz wenige davon, und vielleicht sehen Sie auch ein Jahr mal keinen. Wachstum funktioniert aber auch ohne Flächenexpansion.

Zum Beispiel über Ihr Depot-Geschäft. Wie viele sind es mittlerweile im LEH?

Rund 400, Tendenz steigend.

Auch Edeka-Kaufleute zählen hier zu Ihren Depot-Kunden. Der jüngste Deal der Edeka-Zentrale mit Alnatura dürfte Ihnen nicht geschmeckt haben. Hat diese Entscheidung Einfluss auf Ihre Strategie und Zusammenarbeit z. B. mit der Edeka?

Eine Marke entsteht durch Erlebnisse. Das Markenerlebnis von Basic, das wir erzeugen, ist nicht zu vergleichen mit Alnatura. Alnatura ist nach meinem Verständnis ein preis- und discountorientiertes System. Im Moment liefern sich Alnatura und dm einen Preiskampf, haben mit Reiswaffeln für 65 Cent einen neuen Tiefpreisrekord aufgestellt. Uns geht es dagegen um ein wertschöpfendes System. Basic wurde gegründet mit dem Ziel, einen professionellen, zeitgemäßen, gut geführten Supermarkt zu schaffen. Wir investieren z. B. sehr viel mehr in den Ladenbau. Das schafft ein anderes Markenerlebnis. Wir streben mit unserer Marke auch keine Ubiquität an. Bio wird nicht überall gleich nachgefragt. Wir müssen uns auch nicht um die Wertevernichtung im konventionellen LEH bewerben. Unsere Partner haben kein Problem mit zu geringer Wertschöpfung, und das soll so bleiben. Zudem bemühen wir uns zu leisten, was zu leisten ist. Das bedeutet auch, dass wir es möglichst vermeide n z. B. Produkte oder Rohwaren aus China zu importieren, wenn sie in Europa verfügbar sind. Einige Anbieter importieren Hirse aus China, wir nicht.

Wird es eine neue Partnerschaft zwischen Basic und der Rewe geben?

Es gab seit längerer Zeit keine Gespräche hierzu.

Wo liegen weitere Wachstumsfelder für Basic?

Der Lebensmittelhandel und die Gastronomie wachsen immer stärker zusammen. An dieser Herausforderung arbeiten wir, aktualisieren unser Bistro-Konzept. Aber auch der Online-Handel ist ein wichtiges Thema für uns. Letzteres betrachten wir als ein strategisches Thema. Noch ist der Online-Handel mit Lebensmitteln ja im Vergleich zu UK hierzulande noch in den Kinderschuhen. Aber ich bin davon überzeugt, irgendwann wird es laufen. Und dann müssen wir unsere Hausaufgaben gemacht haben. Da sind wir dran. Der technische Relaunch ist bald abgeschlossen, die Kennzeichnung ist bereits entsprechend der Vorgaben der LMIV online.

Wie groß ist das Sortiment? Umfasst es auch Frische?

Im eigenen Online-Shop führen wir aktuell 4.700 Artikel, allerdings ausschließlich aus dem Trockensortiment. Logistische Lösungen mit drei Temperaturzonen sind noch sehr eingeschränkt verfügbar.

Die wichtigste Hausaufgabe ist im Online-Handel für Lebensmittel die taggleiche Lieferung. Wie schnell sind Sie?

Wir arbeiten mit DHL, daher sind wir noch nicht die Schnellsten in der Lieferung. Damit können wir aber gut leben. Für mich ist die wichtigste Entscheidung, was wir alles nicht machen, denn das schafft Freiraum für die wichtigen Dinge, die wir dann richtig gut machen. Wir können nicht in allem Pionier sein. Wir warten in diesem Fall lieber ab, bis das richtige System da ist. Auch das Thema Selfscanning haben wir z. B. bisher nicht umgesetzt. Hier glauben wir nicht, dass wir durch dieses Angebot mehr Kunden von uns überzeugen. Wir sind für viele Themen offen, aber es muss zu uns passen.

Die BASIC AG

■ Gründung der Basic AG: 1997
■ Jahresumsatz 2015 (Plan): 140 Mio. Euro (zweistelliges Plus)
■ Anzahl Mitarbeiter: ca. 1.000
■ Filialzahl: 35 (bis Ende 2015)
■ Durchschnittliche Verkaufsfläche: 800 qm
■ Artikelzahl in den Märkten: rund 12.000
■ Artikelzahl online: rund 4.700
■ Anzahl Depots im LEH: rund 400

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