Nachhaltigkeit „Die wichtigste Entscheidung ist, was wir alles nicht machen“ - Seite 2

Die Basic AG macht in ihren Bio-Supermärkten vor, wie der Handel Verbrauchern Nachhaltigkeitsbotschaften eindrücklich vermitteln kann. Auf welche Themen sich die Münchner fokussieren und warum sie sich der Expansionseuphorie der Wettbewerber nicht anschließen, erklärte Vorstandschef Stephan Paulke.

Freitag, 09. Oktober 2015 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild „Die wichtigste Entscheidung ist, was wir alles nicht machen“ - Seite 2
„Während andere viel Zeit investieren und Ressourcen verschwenden, um Nachhaltigkeitsberichte auf Papier zu drucken, engagieren wir uns lieber aktiv.“

Was tun Sie bei Basic, um Ihre Kunden darin zu unterstützen, nachhaltiger zu konsumieren und zu agieren?

Den Kunden umfassend an die Hand zu nehmen ist eine sehr schwierige Aufgabe, allein schon aufgrund der Vielfalt an wichtigen Themen und deren Komplexität. Antibiotikaresistenz ist ein Beispiel, artgerechte Tierhaltung ein anderes. Das Transportieren von vielen Informationen überfordert schnell – sowohl neue Mitarbeiter als auch Kunden. Wir suchen uns daher bestimmte Themenfelder heraus, arbeiten mit einer reduzierten Zahl an Botschaften, setzen diese jedoch aufmerksamkeitsstark um. Um unsere Mitarbeiter zu diesen Problematiken noch besser schulen zu können, haben wir unsere Personalentwicklung personell weiter verstärkt. Darüber hinaus beschäftigen wir uns u. a. mit dem Thema „Tüten“: Natürlich haben wir auch Papiertaschen. Hier mussten wir aber auch erst mal nach der richtigen suchen, die 15 kg aushält – auch im November-Nieselregen. Noch haben wir bei Obst und Gemüse keine biologisch abbaubaren Tüten, aber wir haben auf Tüten umgestellt, die au s Zuckerrohr hergestellt werden und vollständig recyclebar sind. Grundsätzlich bestätigt sich immer wieder, wer sich mehr mit Bio beschäftigt, geht auf eine Reise und wird nach und nach seinen Bio-Konsum intensivieren.

Diese Reise müssen Sie genauer erklären...

Bei interessierten Bio-Kunden geht es um einen Erkenntnisprozess, die Beziehung des Kunden zu Bio ’reift’ sozusagen. Obst und Gemüse beispielsweise können Sie als „Einstiegsdroge“ sehen, hier ist für jeden schnell verständlich, wo die Unterschiede zwischen konventionellem und Bio-Anbau liegen. Je mehr man sich dann mit der Ware beschäftigt, und mit Themen wie Glyphosat, das nach aktuellen Studien in den Städten bereits 7 von 10 Menschen im Körper haben, desto häufiger entscheidet man sich für Bio-Lebensmittel und nachhaltige Konsumgüter bis zu Warengruppen wie Waschmittel und Textilien. Daher sind auch die Umsatzanteile von Nonfood an den länger etablierten basic-Standorten höher als an neu eröffneten.

Im Aufbau regionaler und vegetarisch-veganer Angebote war der Bio-Fachhandel Pionier. Jetzt treibt der konventionelle Lebensmittel-Einzelhandel die Trends mit viel Trommeln voran. Lassen Sie sich die Butter vom Brot nehmen?

Eine berechtigte Frage. Im Grunde wollen Sie wissen, ob dies dem Fachhandel seine Daseinsberechtigung raubt. Das wurden wir schon gefragt, als Bio plötzlich über die Discounter vertrieben wurde. Wie damals ist auch diesmal das Gegenteil der Fall. Mit einem Marktanteil von 4 Prozent ist die Bio-Branche nach wie vor in der Nische. Jede Bemühung, den Markt größer zu machen, hat dem Fachhandel bisher geholfen.

Das heißt, auch Basic profitiert von einer steigenden Nachfrage in diesen Trend-Segmenten...

Absolut, der Absatz legt zu. Die Art des Konsums drückt den Zeitgeist aus, das fördert unsere Weiterentwicklung. Die Zahl der Menschen, die sich stärker dafür interessieren, wie und wo Produkte und Lebensmittel hergestellt werden, und die Zahl derer, die wissen, was gut ist, wird weiter zunehmen. Und die beste Lösung finden sie im Bio-Fachhandel.

Beim Thema nachhaltiger Ladenbau machen Rewe und andere vor, wie grüne Supermärkte aussehen können. Wo stehen Sie hier?

Auf diesem Gebiet haben wir noch Nachholbedarf, sind aber dran. Das gilt z. B. für Themen wie LED-Beleuchtung und CO2-Kühlung.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Botschafter: Um mehr Verbraucher von Bio zu überzeugen setzt Stephan Paulke auf eine klare Kommunikation und die Visualisierung wichtiger Kernbotschaften auf der Fläche.
Bild öffnen „Während andere viel Zeit investieren und Ressourcen verschwenden, um Nachhaltigkeitsberichte auf Papier zu drucken, engagieren wir uns lieber aktiv.“
Bild öffnen Profilierung über Frische: Basic-Märkte punkten mit Bedienungstheken für Fleisch, [...]
Bild öffnen [...] Wurst und Käse sowie begehbaren Kühlhäusern für Obst und Gemüse. (Quellen: Hangen)