»Die Idee für den Supermarkt der Zukunft kommt aus dem Mittelalter. Carlo Ratti, Professor am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), ließ sich von Marktplätzen aus dieser Epoche inspirieren, um den „Future Food District“ für die Weltausstellung in Mailand zu konzipieren. „Das waren Plätze, wo Produzenten und Konsumenten zusammentrafen, wo Waren getauscht und Bindungen aufgebaut wurden“, erklärt Ratti. Die Coop Italia hat für die Expo gemeinsam mit dem MIT und Rattis Architekturbüro eine Vision entwickelt, wie Lebensmittel im Jahr 2050 produziert, vertrieben, zubereitet und verkauft werden.
Ein wichtiger Teil des „Future Food Districts“ ist der Supermarkt der Zukunft. Auf 2.500 qm bietet Italiens führender Einzelhändler etwa 1.500 Artikel an, 1.400 davon sind Eigenmarken. Teilweise brauchen die Kunden sich gar nicht mehr an einen der 40 Mitarbeiter zu wenden, sondern werden von Maschinen bedient. Die „YuMi“-Roboter von ABB (kurz für „you and me“) verpacken beispielsweise Äpfel in kleine Pappkartons zum Mitnehmen. Auch an den sogenannten interaktiven Tischen erhält der Kunde die Informationen weniger von anderen Menschen als aus digitalen Touch-Bildschirmen, die über oder neben den LED-beleuchteten Regalen angebracht sind.
Exemplarisch präsentiert Coop Italia in Mailand die Wertschöpfungskette von verschiedenen Produktgruppen (Molkereiprodukte, Kaffee und Tee, Frühstücksprodukte, Bier, Fleisch und Fisch, Obst und Gemüse sowie Wein). Bei der für die Quadratmeterzahl geringen Artikelmenge können viele der Produkte großzügig in schwarzen oder weißen Regalen präsentiert werden. Will ein Kunde mehr über ein Produkt wissen als das Etikett ausweist, braucht er nur seine Hand darüber zu halten. Über den Bildschirm kann er sich dann zum Beispiel über Name, Preis und Herkunft, CO2-Fußabdruck, detaillierte Nährwerte, Allergene, die Behandlung mit Chemikalien oder die Aufbewahrungsmethoden informieren. Bei gekühlten und TK-Produkten befinden sich die Touch-Screens neben den Glastüren. So muss der Kunde weder die Tür öffnen noch das kalte Produkt in der Hand halten, um das Etikett zu studieren, sondern bekommt alle Informationen bequem vorab auf dem Bildschirm angezeigt.
Ratti zufolge sollen dadurch die Grenzen zwischen Produzenten und Konsumenten verschwinden und eine direktere Bindung zu den Lebensmitteln entstehen. „Jedes Produkt hat eine Geschichte zu erzählen“, sagt Ratti. Bisher werde diese den Verbrauchern aber nicht in vollem Umfang zugänglich gemacht. Zukünftig könne beispielsweise die Geschichte eines Apfels vom Baum bis ins Regal und sein Weg dorthin vollkommen transparent erzählt werden. Doch in diesem mit Kinect-Sensoren ausgestatteten Zukunftsmarkt ist auch der Kunde total transparent. Quasi jede Bewegung wird überwacht, um gewährleisten zu können, dass die Informationen zu dem Produkt, auf das der Kunde zeigt, korrekt auf dem Bildschirm erscheinen.
Teil des experimentellen Marktes sind zudem Schauvitrinen, in denen gezeigt wird, wie unser Essen im Jahr 2020 und im Jahr 2050 aussehen könnte. Auch die Idee, dass man künftig ein Gericht einfach ausdrucken könnte, wird an einem Touch-screen aufgegriffen. Mehr Impulse zu diesem Themenkomplex finden die Expo-Besucher in einem anderen Areal des „Future Food Districts“, das sich mit der Ernährung der Zukunft beschäftigt. Dort werden Insekten als Nahrungsmittel ebenso in den Fokus gerückt wie innovative Technologien für die Lebensmittelproduktion oder Landwirtschaft im städtischen Umfeld („urban farming“).
Aber zurück zum Supermarkt der Zukunft und der völligen Transparenz: Wer am Ende des Einkaufs an der Kasse ansteht, kann über sich auf einem riesigen Bildschirm sehen, ob die von ihm gewählten Produkte auch bei anderen Kunden Anklang gefunden haben. DataViz rechnet Daten in Echtzeit in mehrere Infografiken um, die u. a. die Top Ten der aktuell meistverkauften Produkte zeigen oder auch, wie viele Kunden gerade im Markt sind.
Der Supermarkt der Zukunft hat noch bis 31. Oktober auf der Expo in Mailand geöffnet.