Amazon Fresh Das Amazon-Experiment - Die Aufgabe

Im Herbst soll Amazon auch in Deutschland mit seinem Lebensmittel-Lieferdienst starten. Die LEBENSMITTEL PRAXIS hat Amazon Fresh in den USA testen lassen.

Sonntag, 17. August 2014 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Das Amazon-Experiment - Die Aufgabe
Bildquelle: Amazon

Die Aufgabe: Die Bestellung von Lebensmitteln im Wert von rund 100 USD, darunter sowohl frisches Obst und Gemüse, Eier, Wurst- und Fleischwaren als auch frischer Fisch, TK-Ware und Produkte lokaler, stationärer Geschäfte. Die zwei Tester beurteilten den Registrierungs- und Bestellvorgang, den Service bei Lieferung und Reklamation ebenso wie Produktqualität und Preise.

Für Narada Johnson, Make-up-Artist in San Francisco, begann der Test mit einer Geduldsprobe. Als „super lang und verwirrend“ beschreibt er den Registrierungs- und Bestellvorgang für Amazon Fresh. Ohne Angabe der Kreditkartendaten ist nicht einmal die 30-tägige Gratis-Testphase möglich. Danach wird eine jährliche Gebühr von 299 USD (223 Euro) erhoben. Detaillierte Informationen sind darüber hinaus zur Lieferadresse und möglichen Zugangsbarrieren nötig. Der 33-Jährige ist bereits reguläres Prime-Clubmitglied, um die Film- und Musik-Streaming-Dienste nutzen zu können. Dennoch muss er sich für die Lebensmittellieferung noch einmal gesondert anmelden und schließlich die Kundenhotline bemühen, um zu klären, inwieweit die bereits bestehende Prime-Mitgliedschaft, für die er knapp 100 USD (74 Euro) jährlich zahlt, angerechnet wird. Gabrielle Bechtel, mit 17 Jahren zu den Digital Natives zu zählen, hatte hingegen keinerlei Schwierigkeiten bei den Formalitäten. Gerade einmal 5 Minuten dauerte die Registrierung im Auftrag ihrer Mutter für sie, in weiteren 30 Minuten war die Bestellung für die Familie abgeschlossen.

Zuverlässig und schnell erfolgte in beiden Fällen die Lieferung . In San Francisco wählte Johnson die Option „attended delivery“, die Lieferung in Anwesenheit des Kunden – Voraussetzung für die Bestellung alkoholischer Getränke – mit einem einstündigen Zeitfenster und der Lieferung bis in die Küche. Pünktlich im gewählten dreistündigen Lieferfenster stand auch der Einkauf von Bechtel vor der Haustür (doorstep delivery) in Laguna Beach, Kalifornien.

Rund 500.000 Produkte des täglichen Bedarfs umfasst das Angebot laut Website. Die Besonderheit: Lokale Geschäfte und Restaurants können mit Amazon fresh kooperieren. Egal ob Wein von der San Francisco Wine Trading Company oder frische Lasagne zum Sofortverzehr von Marcellas Lasagneria – der Bote holt die Besonderheiten auf dem Weg zum Kunden ab.

„Die Qualität der gelieferten Lebensmittel war exzellent! Alle Verpackungen waren in Ordnung, Aussehen und Geschmack der Produkte waren sehr frisch“, fasst Bechtel zusammen. „Ich weiß nicht, was es ist, aber alles ist so unfassbar frisch, und die Produkte haben sogar eine bessere Qualität als solche vom Markt“, zeigt sich auch Johnson begeistert. In beiden Fällen kam die Ware optimal gekühlt in gebrandeten Taschen und Kühlboxen an. Trockeneis sorgte dafür, dass die Kühlkette bei der Tiefkühlware eingehalten wurde. Die Transporttaschen und -boxen werden entweder sofort oder bei der nächsten Lieferung wieder mitgenommen.

Punkten konnte Amazon bei unseren Testern auch mit großer Kulanz bei der Reklamation. Wie bei Amazon üblich, muss zunächst ein Sticker für die Retoure angefordert werden. Die von Johnson unter einem Vorwand (Unzufriedenheit mit der Größe) reklamierten frischen Eier und gefrorenen Heidelbeeren wurden innerhalb weniger Tage abgeholt. Die Kosten für die Rücksendung werden ihm erstattet. Noch unkomplizierter lief es in Laguna Beach. Bechtel wurde in einer persönlichen E-Mail zugesichert, der Betrag für die reklamierten Joghurts werde ihr für den nächsten Einkauf gut geschrieben, die Joghurts könne sie dennoch behalten und wahlweise verzehren oder entsorgen.

Kommen wir zu den harten Fakten, den Kosten. „In San Francisco sind Lebensmittel sehr teuer. Die Preise bei Amazon Fresh schlagen die durchschnittlichen Marktpreise“, sagt Johnson. „Die Preise entsprechen denen im normalen Supermarkt, manche Brot- und Cereal-Sorten und Gemüse sind bei Amazon sogar günstiger“, so Bechtel.