Oft steckt hinter der Jury-Arbeit eines Branchenwettbewerbs weitaus mehr Aufwand, als es sich die meisten – vor allem wohl die Juroren selbst – vorab vorstellen können. Auf den internationalen Nachhaltigkeitswettbewerb ECOCARE von LEBENSMITTEL PRAXIS und dem Fachmessetrio InterMopro/InterCool/InterMeat trifft dies in jedem Fall zu.
Immerhin mehr als 12 Wochen lang beschäftigte sich das siebenköpfige Gremium in diesem Jahr mit den Bewerbungen, das klare Ziel vor Augen, aus der Vielzahl der eingereichten Beiträge jeweils die drei überzeugendsten in den Kategorien Produkt, Projekt und Technik/Prozess herauszufiltern. Keine leichte Aufgabe. Schließlich können bei einem Nachhaltigkeits-Wettbewerb selten harte Zahlen miteinander verglichen werden. Bei einer so heterogenen Bewerberlage muss ganz genau hingeschaut, diskutiert und noch einmal nachgehakt werden.
Entsprechend komplex ist der Ablauf: Erste Einsicht in Auszüge der Bewerbungen erhielten die Experten bereits vorab zur Vorbereitung auf die erste Jury-Sitzung im Juli. Schließlich mussten zahlreiche Einzelentscheidungen darüber getroffen werden, wer in die zweite Runde aufsteigt und wer leider ausscheidet. Mehrere Stunden wurde dann gemeinsam in Köln diskutiert, verglichen, abgewägt, ausgeschlossen – und wieder diskutiert. Dennoch standen am Ende des Tages noch nicht alle Nominierten fest. Insbesondere in der Kategorie Technik/Prozess galt es in diesem Jahr noch, zusätzliche Experten zu befragen. Acht Kandidaten hatten es schließlich in die Finalrunde geschafft und mussten sich am Morgen des 1. September noch einmal den Fragen der Juroren stellen.
Mitreißend. Mit diesem einfachen Wort lassen sich die Auftritte der Nominierten vor der Experten-Jury auf den Punkt bringen. Zwar blitzte zu Beginn zum Teil noch ein wenig Nervosität durch – schließlich lag für die meisten eine vergleichliche Prüfungssituation einige Jahre zurück –, insgesamt überzeugten die Finalisten in den Kategorien Produkt, Projekt und Prozess jedoch durch die Bank durch ihr Know-how und vor allem durch viel Herzblut.
Nicht schlecht gestaunt hat die Jury an einer Stelle: Gepa-Geschäftsführer Robin Roth hielt noch seinen Fahrradhelm in der Hand, als er den Jury-Raum betrat. Er hatte einen Teil des Weges von Bonn ins Neuwieder Food Hotel mit dem Klapprad zurückgelegt. Wenige Stunden später machte er sich mit gerahmter Urkunde im Rucksack, geschützt mit besagtem Fahrradhelm, auf dem Rad Richtung Rheinfähre in Linz.
Zuvor wurde jedoch erst einmal gefeiert. Denn unmittelbar, nachdem auch die Preisträger der letzten Kategorie feststanden, folgte im exklusiven Rahmen die Verleihung des ECOCARE-Awards 2011. Mit zwei ersten Plätzen schlug sich der Handel in diesem Jahr sehr gut. In der Kategorie Produkt ging der erste Platz an Tegut für das eigene LandPrimus Qualitätsschweinefleisch-Programm. Mit dem zweiten Platz wurde Teigwarenspezialist Alb-Gold ausgezeichnet und auf den dritten Platz kam Gepa-The Fair Trade Company. In der Kategorie Projekt wählte die Jury (mit Ausnahme von Frau Dr. Büchel, die sich natürlich enthalten hat) die Rewe Group mit ihrem ProPlanet-Programm auf den ersten Platz, Platz zwei erkämpfte sich Unilever, Platz drei ging an die Migros-Tochter Micarna. In der Kategorie Technik/Prozess wurde Beemster-Cono Kaasmakers für das Nachhaltigkeitssystem „Caring Dairy“ mit dem ersten Platz geehrt. Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. kam auf den zweiten Pla tz. Mehr zu den prämierten Konzepten lesen Sie auf den folgenden Seiten.
Produkt
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Landprimus Schweinefleisch / Tegut
Premium Konzept
Dass Nachhaltig nicht unbedingt Bio sein muss, beweist Tegut seit 1996 mit seinem konventionellen Markenfleischprogramm unter dem Namen LandPrimus. Ziel des Konzepts ist es, eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Fleischqualität zu produzieren und Wertschöpfung über die gesamte Kette zu generieren. Wesentliches Merkmal des Programms ist der Aspekt Regionalität. Diese ist dank der von Tegut aufgebauten regionalen Strukturen über die Prozesskette hinweg, von der Tierzucht, Futtermittelproduktion, Schlachtung, Verarbeitung bis zur Vermarktung, gewährleistet. Angeschlossen sind heute 52 Landwirte mit einer Kapazität von maximal 58.000 Schweinen. Seit 2010 ist LandPrimus zu 100 Prozent gentechnikfrei. Das Ergebnis: Der Absatz konnte 2010 trotz der allgemein rückläufigen Nachfrage nach Schweinefleisch um knapp 2 Prozent gesteigert werden.
{tab=2. Platz}
Eiernudeln „Ohne Gentechnik“ / Alb-gold Teigwaren
Regionale Erzeuger
Die Rohwarenbeschaffung entlang einer eigenen gentechnikfreien Erzeugerkette mit Vertragspartnern vom Saatgutzüchter über Landwirte und Futtermittelhersteller bis hin zu Hühnerhaltern und Mühlen ist die Basis für die „Alb-Gold Hausmacher Eiernudeln ohne Gentechnik“. Damit hat das Trochtelfinger Unternehmen nach eigenen Angaben eine gewisse Unabhängigkeit vom Rohstoff-Weltmarkt geschaffen und regionale Arbeitsplätze gesichert. Mittlerweile wird das gesamte Alb-Gold-Sortiment gentechnikfrei produziert. Dies entspricht aktuell einer Menge von rund 50 t Nudeln und Spätzle pro Tag. Kurze Transportwege durch vorwiegend regionale Rohstoffbeschaffung sowie ein eigenes Saatzuchtprogramm, um Ersatz für Hartweizen in der Region anzubauen, sind weitere Beispiele für das Nachhaltigkeits-Engagement des schwäbischen Familienunternehmens.
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GEPA-Schokoladensortiment / Gepa
Neue Verwender
Mehr als 35 Jahre steht Gepa – The Fair Trade Company für Fairen Handel. Für rund 90 Mio. Euro wurden im letzten Geschäftsjahr Kaffees, Schokoladen, Tees, Honig oder Handwerksartikel von GEPA gekauft. Der Großhandelsumsatz in Deutschland stieg im abgelaufenen Geschäftsjahr (Ende 31. 3. 2011) im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozent auf 58 Mio. Euro. Überzeugt hat Gepa die Jury vor allem durch die Weiterentwicklung des Sortiments sowie der Markenführung. Das neue vielfältige Schokoladensortiment, bestehend aus 22 Sorten, das exemplarisch zum Wettbewerb eingereicht wurde, wurde zur Anuga 2009 vorgestellt und sollte neue Schokoladenfans für das Gepa Sortiment gewinnen. Trendige, teils exotische Geschmackskompositionen zumeist in Bio-Qualität sowie eine modernisierte Verpackung zeichnen das Sortiment heute aus. 24 Prozent Umsatzplus sprechen für sich.