Kaffee Systematische Vorgehensweise

Kaffeekapseln stehen wegen zunehmender Verdichtung auf Anbieterseite und ihrer Dynamik im Fokus. Aktuell scheint das Merkmal „Nespresso-kompatibel" angesagt zu sein.

Donnerstag, 11. Juli 2013 - Getränke
Dieter Druck
Artikelbild Systematische Vorgehensweise
Anteile des Kaffeepad- und Kapselsegmentes in Europa in Prozent (Quelle: Mondelez)
Bildquelle: Bahlo

Zunehmend im „Einzelnen" bevorzugt der Deutsche seinen Kaffee. Insbesondere Kaffeekapseln sind ein Segment, das wegen seiner Wachstumsdynamik, aber auch wegen zunehmender Verdichtung auf Anbieterseite im Fokus steht. Hierzulande sind inzwischen mehr als 20 Hersteller im Bereich des portionierten Kaffees unterwegs. Dabei stagnierten in 1. Quartal 2013 die Pads bei einem Volumen von rund 10.000 t und einer Käuferreichweite von 19,7 Prozent. Das Beispiel für die besondere Marktdynamik liefern derzeit die Kapseln. Sie legten in den ersten vier Monaten um 20 Prozent auf 2.900 t zu und werden von 9,7 Prozent der deutschen Haushalte gekauft (GfK Haushaltspanel).

Nespresso-Kompatibilität scheint dabei das Gebot der Stunde. Einige Patente der Edel-Kapsel sind abgelaufen, und es ergeben sich Freiräume für Wettbewerber. D.E. Master Blenders mit Senseo Capsules und Mondelez sind hier u. a. seit Juni auf der Spur der „Premium-Shopper". Mehr als 2 Mio. Nespresso-Maschinen stehen bereits in deutschen Haushalten, und es werden laut Marktforschung der GfK stetig mehr. Im vergangenen Jahr stieg ihre Zahl gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent.

Die Marke ist nach eigenen Worten als Pionier im Segment des portionierten Kaffees (vor 25 Jahren) Wettbewerb gewohnt. Rund 100 Mitbewerber existieren demnach weltweit, von denen etwa die Hälfte angibt, ihre Kapseln seien für Nespresso-Maschinen geeignet. „Aber nach wie vor ist die Marke Referenz in diesem Segment und genießt aufgrund des Geschäftsmodells (Exklusivvertrieb über Internet und eigene Boutiquen) einen Wettbewerbsvorteil", unterstreicht Holger Feldmann, Geschäftsführer Nespresso Deutschland. Besonders den direkten Kontakt zu den Konsumenten und Clubmitgliedern hebt er hervor, deren Stimme u. a. in die Entwicklung neuer Varianten eingeht.

„Wir eröffnen dem Handel die Möglichkeit, eine neue Zielgruppe zu erreichen."
Sven Langeneckert, Douwe Egberts Retail Germany

Senseo ist bereits mit Kapseln in sechs Ländern präsent und hat bislang mehr als 1 Mrd. Einheiten verkauft. Hierzulande läuft der Launch. Listungen bestehen beispielsweise bei Amazon.de, Edeka, Globus, Kaufland, Media Markt, Müller, Real, Metro C&C sowie Saturn. Sven Langeneckert, General Manager Douwe Egberts Retail Germany GmbH: „Aufgrund des großen Erfolges unseres Espresso-Kapselsortiments in Ländern wie Frankreich und Spanien und der Wachstumsstärke dieses Segments sehen wir ein großes Potenzial für Senseo Capsules in Deutschland." Das macht er an der breiten Verfügbarkeit im LEH sowie dem zusätzlichen Angebot einer Qualitätsmarke fest.

Die Zielgruppe pflegt den gehobenen Lebensstil, mag gutes Essen und hochwertigen Kaffeegenuss. Eine auch im Handel geschätzte, kaufkräftige Konsumentenschar. „Wir eröffnen dem Handel die Möglichkeit, eine neue Zielgruppe zu erreichen, die ihre Espresso-Kapseln bisher außerhalb des LEH kauft", fügt Langeneckert an. Und die unterscheidet sich auch von den Pad-Verwendern, die den sogenannten „long coffee" präferieren, der milder im Geschmack ist und in größerer Menge über den Tag getrunken wird. Der Espresso-Trinker sucht einen intensiveren und kräftigen Geschmack und konsumiert kleinere Mengen, zum Teil mit aufgeschäumter Milch.

Die speziell entwickelten, durchsichtigen Kunststoffkapseln sind einzeln und aromageschützt verpackt. Jede Packung enthält zehn Kapseln, der UVP beträgt 3,29 Euro. Der Käufer hat die Wahl zwischen acht Espresso- und Lungo-Kompositionen. Den Verkaufsstart begleitet eine Kommunikationskampagne, inklusive TV, Social Media, Plakatwerbung sowie Sampling, die 1,8 Mrd. Kontakte herstellen soll. Je nach Fläche werden dem Handel unterschiedliche Displays angeboten.


Mondelez International kommt parallel zum eigenen System (Tassimo) in der zweiten Jahreshälfte mit einer Nespresso-kompatiblen Variante unter den Marken Jacobs und Carte Noire. Deutschland und Frankreich machen den Anfang, dann folgen Österreich und die Schweiz. Tassimo wird als das wachstumsstärkste Einzel-Portionen-System in Europa dargestellt, das zu einer globalen „Eine-Milliarde-Dollar-Marke" ausgebaut werden soll. „Mit Einführung des neuen Sortimentes und den aufgestockten Aktivitäten sowie Investitionen bei Tassimo werden wir eines der schnellst wachsenden Einzel-Portionen-Geschäfte stärken und unsere Position als weltweit zweitgrößtes Kaffee-Unternehmen weiter festigen", sagt Roland Weening, Global Vice President Strategie, Marketing und Innovation Kaffee. Den europäischen Pad- und Kapselmarkt beziffert Mondelez nach eigenen Berechnungen auf 2,8 Mrd. Euro.

Ein anderer Neuling, der im deutschen Markt Fuß fassen will, ist Café Royal von der Delica AG, ein Unternehmen der Migros. Gestartet wurde in den inzwischen ehemaligen vier Standorten der Migros Deutschland, die an die Rewe übergegangen sind. Café Royal zählt zu den größten Kapselanbietern im eidgenössischen Markt. Dort ist man seit gut einem Jahr mit der „Nespresso-Alternative" am Markt. Das Angebot umfasst fünf Varianten, „die sich an der Geschmackswelt von Nespresso-Kaffeetrinkern orientieren", wie das Unternehmen mitteilt. Die Bohnen stammen ausnahmslos aus UTZ-zertifiziertem Anbau. Eine Zehner-Packung soll unverbindliche 3,09 Euro kosten.

Über den Preis versucht auch das Berliner Start Up Gourmesso am expansiven Markt zu partizipieren. Rund 30 Prozent günstiger als das Original (24 Cent pro Stück) werden die Kompatiblen angeboten. Vertrieben wird das aktuell sieben Varianten zählende Angebot allein über das Internet, ab 35 Euro Bestellwert auch versandkostenfrei. Das Sortiment soll in den kommenden Monaten ausgebaut werden. Ebenso sollen andere Vertriebswege analysiert werden. Aber in dieser Sache seien noch grundsätzliche Fragen zu klären, heißt es.

Einen starken Fokus auf die Kapseln legt auch Tchibo. Das System Cafissimo ist nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Jahren um jeweils 30 Prozent gewachsen. Und mit Blick auf den Maschinenmarkt sei man noch weit von einer Sättigung entfernt. Zahlen werden nicht genannt. Die Kooperation mit dem Maschinenhersteller Saeco (gehört zu Philips) unterstreiche dabei die Ambitionen, auch in neuen Vertriebskanälen voranzukommen, z. B. im Elektrofachhandel. Das erste Ergebnis ist der Launch einer neuen Kapselmaschine, die im September auf den Markt kommen soll. Details werden noch nicht genannt. Vielleicht liebäugelt man auch mit einem Zweitsystem.

Unter Beobachtung steht die Kaffeekapsel bei Melitta. „Das ist ein interessanter Markt, mit dem wir uns sehr gründlich auseinandersetzen", heißt es in Bremen. Zunächst ist man mit der „Pad-Offensive" aktiv. Rezepturen, Filterpapier und Verpackung wurden überarbeitet. Darüber hinaus wird mit Marktgröße und Haushaltsreichweite argumentiert. In diesen Punkten hebe sich der klassische Röstkaffee ganz klar von Pads bzw. Kapsel ab und belege eine eindeutige Käuferpräferenz.

Hochkompetitiv wie zu seiner Zeit bei den Pads zeigt sich der Markt. Raum für die Entwicklung neuer Anbieter in diesem Segment scheint vorhanden. Aber es sind, vergleichbar den Pads vor einigen Jahren, doch angesichts eines härteren Wettbewerbs größere Marktinvestitionen erforderlich, um sich zu behaupten.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Kaffee: Anbieter investieren in Kapsel-Technologie. (Bildquelle: Bahlo)
Bild öffnen Anteile des Kaffeepad- und Kapselsegmentes in Europa in Prozent (Quelle: Mondelez)
Bild öffnen Wachstum im europäischen Kaffeemarkt (Quelle: Mondelez)