Round Table Premium braucht gute Botschafter

Premium-Produkte – die Perlen im Sortiment. Tatsächlich? Denn mit dem Etikett schmücken sich viele. Zu viele? Der Begriff scheint zuletzt ein wenig überstrapaziert, ist aber in Zeiten der notwendigen Differenzierung im Lebensmittelhandel wichtiger denn je. Eine Expertenrunde diskutiert über Voraussetzungen einer erfolgreichen Vermarktung.

Montag, 17. April 2017 - Sortimente
Reiner Mihr
Artikelbild Premium braucht gute Botschafter
Bildquelle: Andrea Enderlein

Das weiß keiner mehr: Premium ist ein englischer Begriff, der so viel wie herausragend oder ausgezeichnet bedeutet. Längst ist der Begriff eingedeutscht und steht hierzulande für hochwertige Produkte. Das ist gleichzeitig auch das Dilemma: Wer will schon nicht hochwertig sein? Also versuchen sich alle an der Kategorie. Dabei tauchen dann viele Fragen auf: Was heißt Premium denn nun genau? Auf welche Warengruppen ist der Begriff anwendbar? Wie sollen Premium-Artikel verkauft werden? Und vor allem: Wo?

Diese und andere Fragen waren Anlass für ein Treffen von Anbietern und Verkäufern, um Antworten zu finden. Dabei waren Wolfgang Dicke von „Dicke Food makes fun“, Michael Griess von Nielsen, Horst Körte von Diageo, Tilo Lehmann, Scheck-in Center Mainz, Andreas Wilkening von Loacker und Stefan Zizek, Rewe Regionalmanager aus Frankfurt. Die Runde moderierte LP-Chefredakteur Reiner Mihr.

Welches Premium-Produkt haben Sie zuletzt gekauft?
Lehmann: Weihnachten haben wir uns eine Seite Balik-Lachs gegönnt. Eine wirkliches Premium-Produkt, das seinesgleichen sucht. Da wird in traditioneller Herstellung eine außergewöhnliche Qualität geschaffen und so ein „einfacher“ Zuchtlachs zu einem Premium-Produkt veredelt. Die Eigenwerbung kann mit einer Geschichte zur russischen Zarenfamilie aufwarten und so Emotionen schüren. Also alles richtig gemacht. Allerdings konnte mich der „beste Räucherlachs der Welt“ letztendlich nicht hundertprozentig überzeugen. Ein schöner Abend war es trotzdem.

Wilkening: Wir haben uns zuletzt einen exzellenten Parmesan geleistet. Große Klasse!

Körte: Eine Distillers Edition vom Lagavulin. Das war für mich eine Belohnung für 20 Jahre bei Diageo.

Alle: Glückwunsch!

Zizek (lacht): Für Premium ist meine Frau zuständig. Aber das war wohl ein gutes Stück Dry-aged-Beef.

Dicke: Wir waren in einem japanischen Restaurant frische Sushi essen. Da stimmte alles: das Essen, Atmosphäre, Service. Toll.

Griess: Ein Atlantic Ale von Störtebeker.

Querbeet also. Aber immer etwas Besonderes und oft eine Belohnung. Wie definieren Sie denn Premium?
Dicke: Das ist ein emotionales Erlebnis. Es spricht die Sinne an, ist mit einer bestimmten Wertigkeit verbunden und hat dadurch einen kommerziellen Ansatz.

Lehmann: Premium ist ja eigentlich eine Wortschöpfung der Werbeindustrie. Definiert ist der Begriff nicht. Aber für mich gehören eine gute Geschichte, hochwertige, ehrliche Zutaten, ein meist traditionelles Rezept und die dazugehörige Produktionsmethode sowie ein gewisser Anspruch und Preis dazu.

Wilkening: Sie haben Recht mit Ihrer Definition, aber häufig steht Premium drauf, aber ist nicht drin. Für mich ist Premium eine Herstellung ohne Aroma- und Zusatzstoffe, der Einsatz sorgfältig kontrollierter Rohstoffe, möglichst eigener, das Umfeld.

Körte: Was den Preis angeht, gibt es keine feste Definition: Premium liegt in der Wahrnehmung des Käufers oberhalb des Massenmarktes – es kann der exklusive Whisky für mehr als 100 Euro sein, oder ein Creme-Liköre, der doppelt so teuer ist wie die Handelsmarke. Auch sind Premium-Spirituosen nicht nur noch „reine Ware“, sondern verkörpern einen Lifestyle und werden zu Statussymbolen. Dabei sind Branding, Kommunikation und Marketing-Strategien von entscheidender Bedeutung.

Griess: Rein technisch definieren wir alles, was 20 Prozent über dem Durchschnittspreis der Kategorie angesiedelt ist, als Premium. Damit machen wir das messbar. Für den Konsumenten sind es drei Kriterien, die Premium ausmachen: gehobene Qualität, Funktionalität und Preis.

Zizek: Dabei darf sich das nicht aufs Produkt beschränken. Es bezieht sich auch auf eine Marke oder Markenrange. Mit Premium wird auch eine bestimmte Kundenklientel angesprochen, die sich vom „normalen“ Vollsortiments-Kunden unterscheidet. Diese muss auch von entsprechenden Mitarbeitern angesprochen werden.

Dicke: Gute Mitarbeiter sind tatsächlich mitentscheidend. Hier liegt die Chance für den Handel, sich über die Dienstleistung zum Premium-Supermarkt zu entwickeln. Der Premiumkunde will auch als solcher angesprochen werden.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Kommunikatoren: Stefan Zizek (v. l.), Tilo Lehmann, Reiner Mihr, Horst Körte, Wolfgang Dicke, Michael Griess und Andreas Wilkening.
Bild öffnen Technische Definition: Alles, was 20 Prozent teurer ist als der Durchschnitt, gilt als Premium.
Bild öffnen Premium-Produkte sprechen eine Kundenklientel an, die sich vom „normalen“ Kunden unterscheidet.
Bild öffnen Eine schwarze Verpackung macht noch lange kein Premium-Produkt.
Bild öffnen Erstaunlich, wie schlecht im Süßgebäckregal Premium und normale Ware zu unterscheiden sind.

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