Wein Verschenktes Potenzial

Nie wurde im LEH so viel Wein verkauft wie heute. Allerdings schaffen es viele Händler nicht, diesen Boom für ihre Wertschöpfung zu nutzen. Unübersichtliche Sortimente und nicht ausreichend geschultes Personal hemmen den Absatz hochpreisiger Erzeugnisse.

Montag, 13. März 2017 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Verschenktes Potenzial
Bildquelle: Carsten Hoppen/ Weinakademie Berlin

Drei von vier Flaschen Wein werden in Deutschland mittlerweile im Supermarkt oder Discount gekauft. Immer weniger Kunden gehen zum Fachhändler oder direkt zum Winzer um sich zu versorgen. Die Gründe sind vielfältig: „Die heimischen Weine profitieren unter anderem vom allgemeinen Trend, stärker auf Herkunft und Regionalität der Produkte zu achten“, sagt Ernst Büscher, Sprecher beim Deutschen Weinistitut (DWI). DWI-Geschäftsführerin Monika Reule, ergänz: „Auch die Überalterung unserer Gesellschaft wirkt sich auf das Weineinkaufsverhalten aus. Wir registrieren insbesondere bei älteren Konsumenten einen Rückgang des Direktbezugs beim Erzeuger.“

Viel spannender als die Frage nach dem Warum ist die Feststellung, dass der klassische Lebensmittel-Einzelhandel es nicht schafft, die Rolle des bedeutendsten Vertriebskanals für Wein wertschöpfend für sich zu nutzen. Noch immer liegen die Durchschnittspreise auf einem erschreckend niedrigen Niveau. Der Liter Wein im LEH kostete zuletzt 2,97 Euro (GfK Weinmarktanalyse von 2015). Zum Vergleich: Beim Erzeuger erwarben die Verbraucher ihre Weine im Schnitt für 6,23 Euro.

Allerdings gilt es hier zu unterscheiden: „Beim klassischen Lebensmittel-Einzelhandel, insbesondere bei den selbstständigen Edeka- und Rewe-Kaufleuten, liegt der Durchschnittspreis bei bis zu 4,90 Euro und somit deutlich über dem allgemeinen Durchschnittswert. Insbesondere bei der Edeka Südwest wird das Thema Wein gut gespielt“, weiß Michael W. Pleitgen, Gründer und Inhaber der Weinakademie Berlin, die den Handel beim Wein-Marketing berät.

Es hakt bei der Vermarktung an drei grundlegenden ‧Aspekten
Pleitgen rät seinen Kunden, vorrangig an drei Baustellen zu arbeiten (siehe auch Interview auf S. 60). Da wäre zunächst das Sortiment, das in vielen Märkten entweder zu schmal oder viel zu groß angelegt ist und wo von Händlerseite falsche Prioritäten gesetzt werden. Der Kunde müsse das Sortiment verstehen und abgeholt werden, erläutert Pleitgen. Ein unübersichtliches Sortiment, exzessive Preise und zu viele Nischen-Produkte würden den Verkauf beeinträchtigen.

Auch an der ansprechenden Präsentation mangele es häufig. Die Flaschen nur im Regal liegen zu lassen, sei zu wenig. In attraktiven Wartebereichen wie den Frischetheken gebe es aber eine starke Konkurrenz durch andere Warengruppen wie beispielsweise Saucen oder Grillausrüstung.

Und dann das Personal. Stellt es schon für den Handel generell eine große Herausforderung dar, motivierte Mitarbeiter zu finden, ist Wein so etwas wie die Königsdisziplin: Wenn der LEH wirklich Kunden binden möchte, die Ansprüche wie an einen Fachhändler stellen, dann muss er hierfür Eigeninitiative zeigen und seine Mitarbeiter gut qualifizieren

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