Bio Städter lieben Bio

Der Bio-Markt legt wieder zweistellig zu. Vor allem in den Großstädten wachsen die Verkaufsflächen. Wie Käufer in München und Berlin ticken, zeigen zwei aktuelle regionale Verbraucher-Studien.

Freitag, 11. März 2016 - Sortimente
Bettina Röttig
Artikelbild Städter lieben Bio
Bildquelle: Martin Hangen, Santiago Engelhardt

Der Boom-Faktor wurde dem Bio-Markt schon wiederholt abgesprochen, doch die Zahlen von 2015 zeigen: Die Bundesbürger haben immer größeren Appetit auf ökologisch erzeugte Lebensmittel. 8,62 Mrd. Euro gaben sie für Bio-Produkte aus – ein Plus von 11 Prozent. Das ergaben die Analysen des Arbeitskreises Bio-Markt auf Basis der Daten von GfK, Nielsen, bioVista und Klaus Braun Kommunikationsberatung. Die positive Entwicklung ist vor allem absatzgetrieben.

Besonders groß ist die Nachfrage nach Bio-Produkten erfahrungsgemäß in Großstädten. Zwei aktuelle Verbraucherumfragen zeigen, wer Öko-Produkte in München und Berlin bevorzugt kauft und welche Zusatzaspekte Kunden wichtig sind. Im sich verschärfenden Wettbewerb sind das hilfreiche Informationen, um Angebot und Kundenansprache noch gezielter ausrichten zu können.

Die erste interessante Erkenntnis: Die Bio-Liebe im Süden der Republik ist größer als die der Hauptstädter. 93 Prozent der Münchner kaufen Bio, zeigte eine Umfrage des Marktforschungsinstituts ICON Added Value im Auftrag der Andechser Molkerei Scheitz. In Berlin greifen im Schnitt 82 Prozent der Einwohner zu Bio-Produkten, ermittelte das Forsa-Institut im Auftrag der Universität Hohenheim und der Bio Company.

In den vergangenen Jahren wurden immerhin viele Hauptstädter bekehrt. In einer Umfrage von 2008 hatte der Anteil der Nicht-Bio-Kunden hier noch bei 31 Prozent gelegen. Nach Einschätzung von Christian Baier, Marketingleiter Strategie bei der Bio Company, liegt dies „zum einen an der steigenden Bereitschaft der Berliner, sich bewusster zu ernähren und mit Themen wie Bio, Genuss und der Qualität der Lebensmittel auseinanderzusetzen. Zum anderen liegt es an der Zunahme des Bio-Segments im konventionellen Lebensmittel-Einzelhandel als auch der gestiegenen Filialdichte von Bio-Supermärkten in Berlin.“

Der Wunsch nach regionaler Bio-Ware ist in beiden Städten groß. Das Verständnis von Regionalität unterscheidet sich jedoch. Während die Münchner für regionale Produkte einen Herkunftsradius von maximal 101 km akzeptieren, sind es für Berliner auch die angrenzenden Bundesländer und damit Distanzen von bis zu 300 km.

Das eigene Regionalkonzept ist es auch, das die Bio Company in Berlin unter den Bio-Supermarktketten die Nase vorn haben lässt, meint Baier. 57 Prozent der Berliner Öko-Kunden kaufen der Studie zufolge in einer der 36 Filialen vor Ort ein. Jüngste Kundenumfragen hätten ergeben, dass diese der Bio Company weitaus mehr Regionalkompetenz zuwiesen als den Wettbewerbern. Das Regionalkonzept werde daher kontinuierlich verfeinert und ausgebaut.

Berliner Bio-Kunden gehören der höheren Bildungsschicht an, haben ein überdurchschnittliches Einkommen und besitzen eine größere Affinität für die vegetarische Ernährung als der Berliner Durchschnitt, fasst Jens Vogelgesang Professo am Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni Hohenheim, zusammen. „Wer nur ab und zu Bio-Lebensmittel konsumiert, kauft diese eher im normalen Supermarkt oder beim Discount. Steht auf dem Einkaufszettel so viel wie möglich Bio, werden die Lebensmittel eher im Bio-Supermarkt oder im Bio-Laden um die Ecke gekauft.“

In München haben sich mit einem Anteil von 23 Prozent die markenbewussten Bio-Käufer als größtes Käufersegment herauskristallisiert. Die Gruppe ist überwiegend weiblich, allein lebend, hat ein höheres Einkommen und ernährt sich vorwiegend flexitarisch. Darüber hinaus bedeutet Bio für die Münchner „mehr Qualität, Natürlichkeit, artgerechte Tierhaltung und die Unterstützung einer nachhaltigen, regionalen Landwirtschaft. Dafür nehmen sie gern einen Preisaufschlag von 18 Prozent für biologisch erzeugte Lebensmittel in Kauf“, so die Andechser Molkerei.