Wurstkartell Bell und Reinert wollen klagen

Wegen illegaler Preisabsprachen hat das Bundeskartellamt Geldbußen in Höhe von insgesamt rd. 338 Mio. Euro gegen 21 Wursthersteller sowie gegen 33 verantwortlich handelnde Personen verhängt.

Mittwoch, 16. Juli 2014 - Industrie-Archiv
Lebensmittel Praxis

An den Absprachen waren laut Kartellamt folgenden Unternehmen beteiligt (in Klammern die hinter den Unternehmen stehenden Konzerne): Bell Deutschland (vormals Abraham/Zimbo, Coop-Gruppe), Böklunder Plumrose/ Böklund/Könecke Fleischwaren (Zur Mühlen-Gruppe, ClemensTönnies-Gruppe), Döllinghareico, Herta (Nestlé), Franz Wiltmann, H. Kemper, H. & E. Reinert/Sickendiek Fleischwarenfabrik, Hans Kupfer & Sohn, Heidemark, Heinrich Nölke, Höhenrainer, Lutz Fleischwaren (Vion), Marten, Meica, Metten, Ponnath, Houdek, Rügenwalder Mühle, Stockmeyer (Heristo AG), Wiesenhof (PHW-Gruppe), Willms Fleisch.

Erste Hinweise auf das Kartell erlangte das Bundeskartellamt durch einen anonymen Hinweis. Im Laufe des Verfahrens haben insgesamt elf Unternehmen mit der Behörde kooperiert und schließlich Geständnisse abgelegt. Die jeweiligen Kooperationsbeiträge wurden bußgeldmindernd berücksichtigt. Die Geldbußen sind noch nicht rechtskräftig. Gegen die Bescheide kann innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet.

Gegen die Schweizer Bell Gruppe hat das Kartellamt ein Bußgeld in Höhe von rd. 100 Mio Euro verhängt. Bell weist die zugrunde liegenden Vorwürfe entschieden zurück. Der ergangene Bußgeldbescheid sei sachlich falsch und rechtlich verfehlt, die Bußgeldhöhe zudem in einer margenschwachen Industrie gänzlich unverhältnismäßig. Überdies bezögen sich die Vorwürfe auf einen Zeitraum vor der Übernahme der Zimbo Fleisch- und Wurstwaren GmbH und der Abraham GmbH durch die Bell AG. Bell wird den Bußgeldbescheid daher vor Gericht angreifen und seine Aufhebung verfolgen.

Auch die Unternehmensgruppe Reinert (Reiner, Sickendiek) akzeptiert ihre Kartellstrafe nicht und will gegen den Bescheid klagen. „Wir waren an keinen Absprachen mit Konkurrenten beteiligt, die das Ziel verfolgten, illegal Preise zu manipulieren“, erklärt Firmenchef Hans-Ewald Reinert, der das Unternehmen in der dritten Generation führt. „Wir wollen deshalb im Rahmen eines öffentlichen Verfahrens vor einem unparteiischen Gericht die Vorwürfe gegen uns und die Rechtmäßigkeit des verhängten Bußgeldes prüfen lassen.“

Heute hat sich außerdem die Firma Rügenwalder Mühle zu Wort gemeldet: Man sei zu keinem Zeitpunkt an Absprachen über Preise beteiligt gewesen. Gegen den Vorwurf auf Abstimmung über den Einstieg in Preisverhandlungen nach Rohstoffkostensteigerungen werde man Rechtsmittel einlegen. "Wir sind überzeugt, in einem gerichtlichen Verfahren auch die restlichen Vorwürfe gegen unser Unternehmen in Gänze ausräumen zu können."

Teilweise trafen sich die Wursthersteller schon seit Jahrzehnten regelmäßig, um über Marktentwicklungen und Preise zu diskutieren. Daneben kam es zwischen verschiedenen Wurstherstellern, insbesondere seit dem Jahre 2003, zu konkreten Absprachen, gemeinsam Preiserhöhungen gegenüber dem Einzelhandel durchzusetzen. Die Absprachen erfolgten größtenteils telefonisch, sei es durch wechselseitige Anrufe oder organisierte Rundrufe. Das Bundeskartellamt gibt keine Auskunft über die Einzelbußgelder. Die Bandbreite reicht in diesem Fall von wenigen Hunderttausend Euro bis hin zu hohen Millionenbeträgen.

Bei der Bußgeldberechnung, die sich nach der Dauer und der Schwere der Tat richtet, sind sowohl der sogenannte tatbezogene Umsatz (also der konkret kartellbefangene Umsatz des jeweiligen Unternehmens), als auch der Gesamtumsatz der Unternehmen wichtige Bezugsgrößen. Der gesetzlich vorgegebene Bußgeldrahmen beträgt 10 Prozent des Gesamtumsatzes. Für die Berechnung des Gesamtumsatzes ist auf die sogenannte „wirtschaftliche Einheit“, also den hinter einem Unternehmen stehenden Konzernverbund abzustellen.

Der Großteil der Geldbußen (ca. 85 Prozent) entfällt demzufolge auch in diesem Fall auf die konzernzugehörigen Kartellanten. Für die 15 beteiligten kleinen und mittelständischen Unternehmen beläuft sich die Geldbuße im Durchschnitt auf einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag, der im Durchschnitt rund 2 Prozent ihres Jahresumsatzes entspricht.

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