Bauern-Proteste in Frankreich Kritik

Kein Verständnis für die Blockaden französischer Bauern hat der Milchindustrie-Verband: „In einem funktionierenden Binnenmarkt haben alle Beteiligten Vorteile“, so Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser. Da Deutschland einer der größten Abnehmer französischer Milchprodukte sei, wären die Blockaden unverständlich.

Dienstag, 28. Juli 2015 - Handel-Archiv
Lebensmittel Praxis

Heuser kritisiert auch die französische Regierung: „Wenn unter der Leitung eines französischen Ministers Beschlüsse gefasst würden, die einem Handelsboykott für deutsche Waren gleichgestellt seien, stelle man das Prinzip Europa in Frage. „Wir sehen die getroffenen Vereinbarungen als wettbewerbswidrig an und haben heute die EU-Kommission um Unterstützung gebeten.“

Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbands kritisiert seine französischen Kollegen. Er sehe keine Unterschiede in den Marktbedingungen französischer und deutscher Bauern. „Wir haben ähnliche Wettbewerbsbedingungen“, so Joachim Rukwied. Zielführender sei, wenn französische und deutsche Bauern gemeinsam gegen den wachsenden Preisdruck im Einzelhandel marschieren würden. Der sei durch offene Märkte und die Folgen der Russland-Sanktionen noch gestiegen.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und sein französischer Amtskollegen Stéphane Le Foll halten eine Sondersitzung des EU-Agrar-Ministerrates für sinnvoll und haben diese beantragt. Luxemburg, das derzeit die Präsidentschaft führt, hat die Sitzung für den 7. September terminiert.

Französische Bauern haben mit ihren Traktoren Autobahnen blockiert und deutsche Lastwagen an Grenzübergängen zum Anhalten genötigt, weil gerade Deutschland aus ihrer Sicht für Dumpingpreise und die Bedrohung ihrer Existenz verantwortlich sei. Die niedrigen Preise in französischen Lebensmittelgeschäften lägen teilweise unter den Erzeugerkosten. Schuld daran seien die ausländische Konkurrenz und zu viele Auflagen in Frankreich. Das französische Landwirtschaftsministerium sieht etwa rund 20.000 Viehzüchter im Land in ihrer Existenz bedroht, weil die Fleischpreise im Keller sind. Der kg-Preis für Rindfleisch (3,70 Euro) liege unter den Produktionskosten von 4,50 Euro. Neben Rinder- und Schweinezüchter sind auch Milchproduzenten von niedrigen Preisen betroffen. Der gesetzliche Mindestlohn in Frankreich von aktuell 9,61 Euro liegt deutlich über den Löhnen, die etwa in Deutschland für Erntehelfer vereinbart wurden. Die Regierung in Paris hat ein 600 Mio. Euro schweres Hilfsprogramm aufgelegt. Es umfasst den Erlass von Abgaben, Zahlungsaufschübe und Hilfe bei der Umschuldung. Präsident François Hollande betonte gestern, dass die Regierung an der Seite der Landwirte stehe.